Freiwillige Flotteiisteuer
261
beißen wollte, der ihr in der Türkei vorgehalten wird. „Aktuell" ist das Interesse Rußlands in Ostasien und iu Indien, nnd hier wird ihm aus den besten Gründen England nicht entgegen kommen.
Bange machen gilt nicht. Wenn einer der Bündnisse wegen Grund zur Sorge hat, so ist es England, nicht Deutschland. Dies ist in der letzten Zeit von den deutschen Blättern so oft gesagt worden, daß man eigentlich nicht nötig hatte, es zu wiederholen. Aber vielleicht lohnt es sich, gerade dem britischen Stolze gegenüber noch einmal au die Grüude zu erinnern, ans die wir uns glücklicherweise beziehen können.
Die deutsche Diplomatie hat, Gott sei Dank, ihre Tradition, und noch versteht sie es, das Material zu handhaben, das ihr znr Verfügung steht. Um von der bekannten alten Wahrheit zu schweigen, daß deutsche Interessen nirgends mit den russischen zusammenstoßen, daß wir vorläufig überall ruhig zuseheu können, wo Nußland seinen Vorteil wahrnimmt, so „hängen" wir auf der andern Seite mit Frankreich ernstlich nur an einer Stelle. Aber ist es denn notwendig, daß gerade hier, wie man zu sagen pflegt, der Fuchs zum Loch herauskommen muß? Fünfundzwanzig Jahre hat die deutsche Staatskunst den sww8 aus aufrecht erhalten, und mögen Franzosen darüber denken und sagen, was sie wollen, es ist doch Thatsache, daß nur der Mäßigung der deutschen Politik die Republik jenseits des Rheins ihr Bestehen zu verdanken hat. Die Geschichte dieser Politik wird erst noch geschrieben werden; wenn es aber geschehen ist, dann wird man staunen, welchen Zwang sich die von Berlin aus geleitete Diplomatie iu weiser Voraussicht auferlegt hat. So etwas trägt seine Früchte, und wenn es nur so viel wäre, daß sich die französische Regierung daran hat gewöhnen müssen, die elsässisch-lothringische Frage in Europa uicht als den Angelpunkt betrachtet zu sehen, an dem die Welt hängt. Straßburg und Metz sind noch immer Nägel im Fleische der Franzosen, aber sie schmerzen weniger als im Anfang, und es läßt sich auch über andre Dinge mit unsern Nachbarn reden. Die Engländer haben selber mit dafür gesorgt, daß dem so ist, und wenn, ohne sich selber im Lichte zu stehen, an vielen Punkten im Auslande die deutsche Politik die französische unterstützen kaun, so ist das ein Vorteil, den die englische nur mit den schwersten Opfern würde wieder einbringen können. Aber nicht bloß in den überseeischeil Beziehungen und den Kolonien finden sich für Deutschland und Frankreich solche Punkte zur Annäherung, wie sie England erst nach Wegräumuug einer Welt von Selbstsucht für sich gewinnen könnte, sonder» in Europa selbst braucht Deutschlands Staatskunst den Plänen Frankreichs, wenn sie nur nicht gegen die Sicherheit seiner Verbündeten gerichtet sind, nicht in der Weise im Wege zu stehen, daß sie eine Machtausdehnung des Nachbars schon an der Schwelle zurückweist. Im deutschen Volke herrscht eine so hohe Achtung vor Verträgen, wie in keiner Nation, aber wenn England ihre Heiligkeit so wenig schätzen wollte, daß es die Monroe-