Robert Schumann und Robena Laidlaw
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bewahrt und erst jetzt — nach Verlauf von mehr als einem halben Jahrhundert — aufgezeichnet hat, glanbe ich um so weniger etwas ausscheiden zu dürfen, als sie einige wesentliche Züge in Schumanns Charakter in ein helleres Licht setzen. Denn, die mit Schumann näher vertraut sind, wird der psychologische Scharfblick nicht entgehen, mit dem das achtzehnjährige junge Mädchen Schumanns innerstes Wesen weit richtiger erkannte, als einige seiner ältern Zeitgenossen, die keine Ahnung von seiner keimenden Größe hatten nnd nur ein paar auf sehr schwachem Grunde stehende Anekdvten über ihn in die Welt gesetzt haben.
Robena Anna Laidlaw, geboren am 30. April 1819, ist die Tochter eines Kaufmanns zu Bretton in Jorkshire. Sie wnrde in Edinburgh erzogen und von dem Pianisten Robert Müller im Klavierspiel unterrichtet. Als ihre Eltern im Jahre 1830 nach Königsberg in Preußen übergesiedelt waren, machte sie bei dem dortigen Musiklehrer Georg Tag so außerordentliche Fortschritte, daß ihre Eltern endlich einwilligten, sie zur Künstlerin ausbilden zu lassen. Nach vierjährigen Studien reiste sie über Berlin nach London, um dort ihre Ausbildung zu vollenden. In Berlin zum öffentlichen Auftreten veranlaßt, spielte sie auch vor der königlichen Familie. Ganz besonders zeichnete die damals in Berlin residirende Herzogin Friederike von Cumberlaud (Schwester der Königin Luise) die fünfzehnjährige Künstlerin aus, sie ernannte sie zu ihrer Kammervirtuosin und gab ihr Empfehlungen an den englischen Hof. In London studirte Miß Laidlaw zunächst noch bei Henry Herz und spielte im Juni 1834 im St. Jamespalast, sowie in Paganinis Abschiedskonzert. „Ich fürchtete mich sehr — schreibt sie — in Paganinis Konzert zu spielen. Als mich der Herausgeber der NorninA ?08t> durch den überfüllten Saal führte, hatte ich große Angst, und ich wäre am liebsten gleich durch eine Seitenthür des Konzertsaales wieder hinausgeschlüpft. Nur der aufmunternde Beifall, den mir Pagcmini spendete, benahm mir bald die Ängstlichkeit. Überhaupt hat niemand mein Spiel so gewürdigt wie er; meine Art, das Instrument zu behandeln, namentlich im Adagio, war ihm sehr sympathisch." Nachdem Miß Laidlaw auch in den größern Städten der Provinzen gespielt hatte, kehrte sie im September 1835 nach Königsberg zurück. Im folgenden Jahre lebte sie in Berlin, wo sie auf Rellstabs Anregung Unterricht bei Louis Berger nahm, der ihr sein herzlichstes Wohlwollen schenkte. Ihre Konzerte hier und (Anfang 1837) in Riga, Warschau usw. waren der Anfang jener Kette ehrenvoller Erfolge, die seitdem ihr Auftreten überall begleiteten. Im Juni kehrte sie nach Deutschland zurück, spielte in Dresden und wandte sich dann nach Leipzig.
Daß die Künstlerin überall den größten Beifall erntete, berichten die Musikalischen und politischen Zeitungen jener Zeit übereinstimmend; sie erschöpfen sich in Lob und Preis ebensowohl ihrer außerordentlichen Virtuosität, als ihres bescheidnen, liebenswürdigen Wesens. Man rühmte insbesondre das Grenzbote» IV 1895 41