Maßgebliches imd Unmaßgebliches
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beruhen, daß durch Einrichtung eines Sammelbeckens einerseits der zeitweilige Geldtiberfluß des einen und der zeitweilige Geldmangel des andern, andrerseits Ebbe und Flut in der Haushaltuugskasse eines und desselben Bauern ausgeglichen wird, feruer darauf, daß alle Teilhaber der ans eine einzige Gemeinde oder wenige kleine Gemeinden beschränkten Geuosseuschaft einander persönlich kennen, einander trauen kvuucu, der Notwendigkeit umständlicher Schreiberei, kostspieliger Verwaltung und riskanter Geldgeschäfte mit weit entfernte», ihnen unbekannten Personen überhoben sind. Erleiden doch viele Landleute auch bei gnr nicht wucherischen Geschäften schon dadurch Verluste, daß sie sich bei Geldzahlungen keiue Quittung geben lassen, weil sie das entweder nicht für nötig halten oder den Empfänger durch die Forderung einer Quittung zu beleidigen fürchten.
Solche Geuvssenschafteu zu wechselseitiger Hilfe sind natürlich nur dort lebensfähig, wo die Gesamtheit wirtschaftlich stark genng ist, den einzelnen in Zeiten vorübergehender Schwäche zn tragen. Ist ein ländlicher Bezirk übervölkert, sind die Grundstücke zu klein, und kann das unzureichende Einkommen auch nicht dnrch Industrie ergänzt werden, so giebt es gar keine zeitweiligen Überschüsse, aus denen, ein Sammelbecken gebildet werden könnte. Hier handelt es sich nicht um zweckmäßige Verteilung vorhandner, sondern nm Beschaffung nicht vorhandner Mittel. Die Beschaffung auf dem Wege des Darlehns von Personen, die der verarmten Gemeinde nicht angehören, kann ihr keine Hilfe gewähren. Wer das zum Lebeil notwendige nicht hat, der kann keine Zinsen zahlen. Er kann die hundert Prozent nicht zahlen, die der eigentliche Wucherer verlangt; aber er kann auch die acht Prozent uicht zahlen, die der Vorschußverein früher verlangte, noch anch die fünf bis sechs Prozent, die dieser jetzt verlangt, er kann nicht einmal ein Prozent zahlen. Unter diesen Umstünden trägt jedes verzinsliche Darlehn den Charakter des Wuchers au sich. Sollen solche Gemeinden, deren dem Untergange geweihte Mitglieder sich um jeden Preis Galgenfristen zu verschaffen suchen', nicht in die Schlingen der Wucherer geraten, so mnß die Auswanderung orgnnisirt und dafür gesorgt werden, daß die Grundstücke der Ausgewanderten nicht dem Grundstückspeknlnnten zur Beute falle», sondern nm mäßigen Preis in den Besitz oder Pacht der Zurückbleibenden übergehen uud diese wieder lebensfähig machen. In der beschriebnen Lage befinden sich jene Gegenden West- und Mitteldeutschlands, wo über Wucher geklagt wird.
Anch in Galizien scheinen hie und da die Grundstücke z» klein, ja von vornherein bei der Trennung zu klein gemacht worden zu sei». Dazu knin da»», daß die Leute dem durch die Aufhebung der Leibeigenschaft nen erzeugte» Kreditbedürfnis mit der dem frühern Zustande ganz angemessenen Meinnng gegenüberstanden, Geld borgen sei eine Schande n»d dürfe »ur heimlich geschehen. Dazu kam ferner der heutige Fluch alier östlichen Slawenlnnder, daß ihre Bauern plötzlich in das Getriebe des uioderueu Kultur- und Staatslebeus hineingerissen werden, ohne einen naturgemäß ans ihnen selbst herausgewachsenen Handwerkerstand und Kanfmannsstand, bei dem sie ihre Kulturbedürfnissc auf reelle Weise befriedigen könnten, und daß sie mit allen ihren Käufen und Verkäufen auf den jüdischen Dvrfschenken nugewieseu find, der also ihr gesamtes Wirtschaftsleben beherrscht. Dazu kommt endlich, daß in Ostgalizien die Zahl der Analphabeten sehr groß ist.
Jedermann sieht, daß diese Übelstände durch die Bestrafung des Wuchers uicht gehoben werden können. Trotzdem haben wir gegen Wuchergesetzc nichts einzuwenden. Nur würden wir uns den Gegner» gegenüber nicht, wie Caro, auf das Verbot des Diebstahls berufen, das ja auch uicht den Diebstahl aus der Welt