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Aufsatz, so gäbe es Spannungen, die den kleinlichen Verhältnissen einer Akademie schaden, für den Untergebnen empfindlich werden können nnd in früherer Zeit znm „amtlichen" Verkehr geführt hätten.
Mit der freien Meinungsäußerung ist es also auf der Akademie schlecht bestellt. Daß auch hier viel auf die Persönlichkeit des Direktors ankommt, versteht sich von selbst. Man denke jedoch an den Streit zwischen Heyer und Borggreve. In Münden selbst wagte Borggreve nicht öffentlich gegen Heyer aufzutreten, und später glaubte er erst losschlagen zn dürfen, als sein Gegner nicht mehr dem Beamtenverhültuis desselben Staates angehörte. In seiner nach- herigen Stellung war er freilich weniger zartfühlend; man glaubte beim Lesen seiner Schriften oft den Gegenstand zu fühlen, dem er feine Studien uud sein Leben gewidmet hat. Manche wollen die Art seines litterarischen Auftretens aus den Mängeln der Akademiebildung erklären; vielleicht haben sie Recht.
Die erste Fvrstprüfung, die den Unterricht an der Akademie nach Umfang uud Methode beeinflußt, wird unter dem Vorsitz eines Ministerialrates abgehalten. Dies ist eine sehr anzuerkennende Einrichtung. Der Unterricht wird so in Ausdehnung und Folgen überwacht, wenigstens nach der untern Grenze. Wie die Vorschriften nun einmal lauten, darf man voraussetzen, daß im allgemeinen achtzig uud mehr Prozent der Studierenden jedesmal den Anforderungen der Prüfung genügen. Solche, die ihr Ziel aus dem Auge verlieren, wird es immer nnd überall gebe». Es kann jedoch auch vorkommen, daß in dem einen oder andern Fache die Leistungen bei allen auffallend schlecht sind; es kauu die Schuld auch am Lehrer liegen, zumal an der Akademie, wo nur ein Vertreter jedes Faches da ist. In diesem Falle muß auf Veranlassung des Vorsitzenden nach Prüfung der Sachlage eine entsprechende Mahnung an Lehrer und Lernende ergehen. Nach der obern Grenze wird nicht leicht eine Überschreitung stattfinde». Die Studierende» werden bei zu hohen Anforderungen eines Lehrers gar bald dessen Vorlesungen meiden und sich nur in geringer Zahl den Gefahren der Prüfung aussetzen, lieber die andre Akademie besuchen. Auch da würde ein Korrektiv von oben nicht lange auf sich warten lassen.
Den Statuten gemäß haben Eltern und Söhne ihre Entschlüsse gefaßt und ihre Verechnuugen gemacht; »ach der Abiturientenprüfung muß es nuu auch möglich sein, in der angesetzten Zeit die Studien zu beenden. In dieser Beziehung wäre es wünschenswert, wenn auch bei andern Fakultäten hie und da vouseiteu der höhern Behörde eingegriffen werden könnte und würde. Sind einmal sechs Semester als Studienzeit gefordert, so muß man doch die Möglichkeit annehmen, daß sich in dieser Zeit die nötigen Kenntnisse erwerben lassen. Leider werden die Anforderungen zu oft auf Augebot und Nachfrage zugeschnitten. So kam es denn, daß die Studenten der philosophischen Fächer, besonders der Schulwissenschafteu, nicht sechs oder acht, nein zehn und mehr