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fischen Bauern, die aus dem Helden VeroinZKorix einen LÄnt Ovtorix machten, waren und blieben freilich Bauern. Aber jener Franzvse, der in Straßburg die Helleugasse, die von dem Geschlechte zur Hellen den Namen hatte, in eine Iiu0 8. Mlöns umtaufte, war doch wahrscheinlich ein Beamter. Und wenn wir Chinarinde kaufen, denken wir da nicht, wenn wir überhaupt etwas dabei denke», an China, obgleich das Heilmittel gar nicht aus Asien, sondern aus Amerika zu nns gekommen ist? In das China der Chinarinde hat sich ein Peruanisches Wort quiim., d. i. Rinde umgewandelt. Im spanischen heißt es richtig quiim oder quw^uiim, d. i. Rinde der Rinden. Unser Chinarinde dagegen ist eigentlich Ninderinde, und sprechen wir von Chinarinde, so begehen wir denselben Fehler, wie die, die von einein Guerillakrieg, einem Attentatsversuch und einer größern Majorität reden.
Unverstand und Mißverständnis sind bei der Volksettpnologie immer und überall thätig gewesen. Lehnwörter aus einer fremden Sprache sind durch Anlehnung an bekannte Wörter der Muttersprache mundgerecht und, wie das Volk meint, auch verständlicher geworden. So ist im Deutschen aus lateinischem !ir(;ndsUi8w unser Armbrust, aus dem nordischen ?iMl'rg,8 (Felsenkatze?) unser Vielfraß und aus slavischem xetsod-ck, unser Petschaft geworden; die Franzosen haben ans dem lateinischen pausars in Erinnerung an Wörter wie äöpossr ihr xosLr nnd rvpn86r gestaltet, und die Römer haben sich das griechische 6«/^/^«, Rindshaut, Pergament, Schriftstück durch Anklang an ihr linsrö, schmieren, beschmieren in litsrii. zurecht gelegt.
Unverstand und Mißverständnis sind ferner in allen Sprachen thätig, alte, nicht mehr recht verstandne Wörter der Muttersprache selbst durch Annäherung an andre, gebräuchlichere, aber der Wurzel uud der Bedeutnng nach verschiedne Wörter umzuwandeln. Wir Deutschen sprechen nnd schreiben Meßner, als ob das Wort von Messe abgeleitet wäre, während das Althochdeutsche vom lateinischen Mausioimrws ganz richtig insÄimri gebildet hat. Das Mittelhochdeutsche kennt noch kein Petschaft, sondern nur ein betselurt. Erst im Neuhochdeutschen ist die vvlksethmvlogische Umgestaltung eingetreten, weil der msÄnuri mit der Messe zu schaffen hatte und am bstselmt, ein Stiel oder Schaft war. Ebenso ist aus dein alten Freithof (von vnwir, schonen) ein Friedhof geworden, aus >viMM unser Wildbret und aus Mmbt, uuser Ohnmacht. Die Franzosen haben aus rMouIö (englisch rc-Ueulö, Strickbeutel) ihr lächerliches UälLuls nnd ans tcmtksvoisL, das dem italienischen wtwvig. entsprach, ein writvtois gemacht. Und die Römer haben ihr xromunwrinM, das, von Momwörs abgeleitet, einen Vvrsprung bedeutet, in xrowoutorium umgewandelt, mit Anlehnung au nwns, als wären „Vorgebirge" stets gebirgig; man findet sogar die Form promuuotormni (von pro und umn^en'), als wenn das Land nach dem Meere zu eine Schnauze hätte, wobei man an deutsches Nase und englisches usss für Vorgebirge denken mag.