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Eugen Richters sozialdemokratische Zukunftsbilder
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Lugen Richters sozialdemokratische Zukunftsbilder

Richter S. 20 zitirt:Laßt fahren nur dahin!" wollen wir ihm nicht so sehr verübeln; er hat im Reichstage zu viel zu thun, als daß er sich um den richtigen Wortlaut evangelischer Kirchenliederstrophen bekümmern könnte; daß ihn aber S. 22 bei Anführung der Verse aus Schillers Glocke:Das ist es, was den Menschen zieret" u. s. w. jeder Quartaner verbessern kann, ist doch schlimm.

Im ganzen ist über die Schrift nach ihrer formellen Seite zu sagen, daß der Verfasser derSprachdummheiten," wenn er eine neue Auflage seines nachgerade" berühmt gewordnen Buches veranstaltet, an unserm grünen Büchlein eine reiche Fundgrube von Belegstellen haben wird.

Wie steht es nun aber mit dem Inhalt? Bei der Besprechung dieser Seite des Schriftchens kommt mir ein Bundesgenosse entgegen in B. Augusts gelbem Heft mit dem Titel:E. Richters sozialdemokratische Zerrbilder," das Richter nicht nur an Billigkeit (20 Pfennige), sondern auch an Grobheit über­trifft und gegenüber derDichtung" Richters den Standpunkt des wirklichen, und zwar des gemäßigten Sozialdemokraten hervorkehrt. Ich will mir seine nichts weniger als schmeichelhaften Schlußfolgerungen, daß die Bilder nicht frei nach Bebel" verfaßt, sondern ein unfreier Abklatsch Bellamys seien, daß Herr Richter nicht nur die Wahrheit maltrtttire, sondern auch die Logik, daß seine Begriffe über Geld, Kapital, Zinsfuß u. f. w. der verworrensten Art zu seiu schienen, daß der Freisinn ein Maulheldentum sei, daß Richter mit seiuer Schrift niemand habe überzeugeu, sondern nur das Kleinbürgertum habe schrecken und einfangen wollen, durchaus nicht zu eigen machen. Aber manche be­merkenswerte Einwendungen bringt er doch gegen NichtersFiktion und Faree" vor, nämlich daß es eine Ungeheuerlichkeit und Verrennung des deutscheu Charakters sei, wenn Nichter den deutschen Michel durch eine blutige Revo­lution die neue Gesellschaftsordnung einführen lasse; zweitens daß es bei den heutigen Erwerbsverhältuissen unmöglich sei, daß sich die offenbar noch ganz junge Anna in so kurzer Zeit ohne Prostitntion l!) zweitausend Mark gespart habe, wobei der poetischen Anna eine wirkliche PutzmacherinPutz- mariechen" entgegengehalten wird; weiter daß die von Nichter als innerlich un­möglich geschilderten Formen des Kommunismns nicht nnr praktisch ihre Feuerprobe schon bestanden Hütten in China, sondern gerade aus China den zähesteu, lebenskräftigsten, ja sogar einen unsre Kultur bedrohenden Staat gemacht hätten; daß man mitZukunftsbildern" den erkrankten Organismus der modernen Gesellschaft nicht heile u. s. w.

Außerdem dräugeu sich noch folgende Wahrnehmungen auf. Unwahr­scheinlich ist es. daß ein simpler Buchbindermeister überhaupt solche Auf­zeichnungen zu machen imstande sein sollte. Es spricht ja anch in Wahrheit überall Nichter aus ihm, ebenso wie aus dem Abgeordneten von Hagen, obgleich Richter als verstorben hingestellt wird. (Nebenbei bemerkt, daß des toten Nichters Feuergeist auch in seinem Nachfolger weiterlebt, ist sehr hübsch und