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Ein Streifzug durch das Gestrüpp der Frauenfrage
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Ein ^treifzug durch das Gestrüpp der Hrauenfrage

ch wende mich in den folgenden Ausführungen gegen die Ve- kämpfer der Frauencmanzipation, aber ich bin mir bewußt, es iu eiuer Weise zu thun, daß ich in den Augen ihrer be­geistertsten Verfechter selbst als Feiud erscheinen werde. Es gilt vielfach für geistreich, Behauptungen aufzustellen, die dem. was der einfache Verstand sagt, gerade ins Gesicht schlagen. So schütze der Himmel die Frauenfrage vor jenen Freunden, die, um geistreich zu unter­halten, die Thatsache, daß es ein Bedürfnis ist, für Mädchen, die im Hause keinen Wirkungskreis finden, außerhalb des Hauses einen solchen zu schaffen, dahin verkehren, als sei es die Pflicht einer Frau, sich ein andres Ziel zu stecken, als das, deu ihr vom Leben angewiesenen Platz nach bestem Vermögen auszufüllen. Dies ist das beliebtehöhere Ziel," ein so entsittlichendes, daß ich mich entrüstet davon abwende. Wer das sichere Glück eines wenn auch nur bescheidnen Lebenszweckes besitzt, überlege sichs wohl, ohne zwingenden Grund die Hand nach einem glänzendern, aber unsichern auszustrecken. Solche geistreiche Äußerungen reizen natürlich zum Widerspruch; aber auch die Widersprechenden lassen sich zu Übertreibungen hinreißen nnd fordern dadurch ihrerseits zu Entgegnungen heraus. Der eine sürchtet, die Frau werde durch vieles Lernen ihrem eigentlichen Beruf entfremdet, der andre geht schärfer ins Zeug und sagt: Für die Frau giebt es überhaupt nichts andres, als ihren sogenannteileigentlichen Beruf." Beide variiren von ver- schiednen Gesichtspunkten aus Goethes zweite Epistel und begegnen sich iu dem Schluß: Das Mädchen hat zu heiraten!

Wer bestreitet wohl, daßeine durchaus häusliche Erziehung der Töchter unter den Augen der Eltern für die Lebensbestimmung der Frau die geeignetste sei," vorausgesetzt, daß unter häuslich nicht verdummend zu verstehen ist, und daß siedas elterliche Hans nur an der Hand des Gatten verlassen sollte"? Wer aber verfügt über die fast überirdischen Kräfte, die man brauchte, um diesen Verlauf nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis zur Regel zu machen? Viele Mädchen wachsen ohne Eltern oder doch ohne Mütter