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Talleyrands Memoiren
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nicht gänzlich aufgehoben wurde, was übrigens einige Jahre später geschah, doch den Doktrinen des Kalvinismus anheim gefallen wäre, der ohnehin der damaligen allgemeinen Geistesströmuug sehr gnt entsprach. Dadurch wäre Frankreich vielleicht für den Katholizismus verloren gegangen, der in seiner Hierarchie und in allen seinen kirchlichen Formen sich der monarchischen Staats­form am besten anpaßt. Ich verstand mich also als rechtmäßiger Bischof von Antun dazn, einen (!) der nenerwählten Bischöfe zu weihen, der dann an den übrigen die heilige Handlung vollzog." Also nm Frankreich vor dem Pro­testantismus zu bewahren, nm Altar nnd Thron zu schütze», hat er sich dem Bannfluch ausgesetzt, er war ein Märtyrer, der heiliggesprochen zu werden verdiente! In dem erwähnten Glaubensbekenntnisse gleitet er über diese ganze Angelegenheit folgendermaßen hinweg:Ich hatte schon früher auf meiu Amt und meine Würde als Bischof von Autnn verzichtet: meine Demission wurde vom Papst angenommen, der mich dem weltlichen Stande zurückgab" nach zehn Jahren nämlich. Daß er sogar das Opfer gebracht hatte, als Exkom- mnnizirter eine reiche Frau zu heiraten, erwähnt er nicht einmal.

Als Moreau und Maedonald von Suwarow geschlagen worden waren,er­ging es dem Direktorium, wie allen despotischen Regierungen: so lauge ihre Armeen siegreich sind, haßt man sie wohl, aber mau fürchtet sie zugleich. Wendet sich das Kriegsglück, so werden sie geschmäht und verachtet. Rück­sichtslos wurde selbst das Direktorium in den Zeitungen, in Flugschriften und von allen Seiten angegriffen. Die Minister wnrden natürlich auch nicht ge­schont, was mir speziell meinen Rücktritt erleichterte. Schon längst hatte ich nämlich eingesehen, daß ich im Grnnde doch nur sehr wenig Schlechtes verhindern konnte, und daß die Zeit noch nicht gekommen war, um (!) Gutes zu leisten. Deshalb hatte ich auch schon bei Zeiten (!) meine Vorkehrnugen getroffen und mich mit dem General Bonaparte vor seiner Abreise nach Ägypten darüber verständigt." Bonaparte hatte vorgeschlagen, ihn nach Kvustautinopel zu schicken, das geschah aber nicht; Talleyrand reichte am 20. Juli 1799 sein Entlassungsgesuch ein und bezog ein Landhaus in der Nähe von Parisum den weitern Gang der Ereignisse abzuwarten." Was warf man ihm vor? Weshalb wurde er nicht Botschafter? Er erinnert sich offenbar nicht daran. Schlagen wir also nach. Da finden wir, daß unter dem 25>. Mes- sidor des Jahres VII (13. Juli 1799) sehr interessanteAufklärungen des Bürgers Talleyrand an seine Mitbürger" erschienen sind. Es ist ihm peinlich, daran erinnern zu müssen, mit welcher Freude er sich 1789 den ersten und aufrichtigsten Freunden der Freiheit angeschlossen hat. Er wäre unwürdig, einer so schönen Sache gedient zu haben, wenn er wagen wollte, das, was er zu ihrem Triumph beigetragen habe, als ein Opfer anzusehen. Aber sein Staunen dürfe er wohl darüber ausdrücken, sich neuen Angriffen ausgesetzt zu sehen, nachdem er sich den unversöhnlichen Haß der Geistlichkeit und des Adels