Die lateinischen und gnechischen Pensa
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voll ist es, wen» Studenten, wenn stndirte Leute, svbald sie die Zeitung lesen, nicht eiuiual deu Namen irgend eines darin geuauuteu eugtischen Staatsmannes »»sspreche» können, wenu sie gelegentliche Äußerungen im Gespräche, wie: er ist ein «vll'müäs imm, nicht verstehen. Wie kläglich ist es, wenn ein Student der klassischen Philologie in seinem Lesezirkel die liovimv bekommt
und- nicht einmal den Titel richtig aussprechen kann, wenn er, der sonst immer auf die Quellen gewiesen wird, Max Müllers Werke in der nicht besonders lobenswerten Übersetzung Böttchers studiren mnß; wenu er endlich als wvhl- geprüfter Lehrer nud I)r> pliil, gar an ein Realgymnasium oder an eine Realschule kommt, uud kein Wort von der Sprache versteht, die seine zwölfjährigen Schüler lerne»! Dem muß eiu Ende gemacht werden, nud dein kann ein Ende gemacht werden, wenn man in meinen Ruf: Fort mit den schriftlichen Arbeiten in den toten Sprachen! einstimmt.
Wenn aber das Englische als obligatorisches Lehrfach in den Lehrplan des hnmanen Ghmnasinms aufgenommen wird, was hindert dann daran, auch das Griechische in den des realen aufzunehmen? Nichts, gar nichts, und die höhere Einheitsschule wäre da, der lauge, bisweilen geradezu ekelhafte Streit um Gleichberechtigung, die Jagd nach Berechtigungen wäre beseitigt. Welch ein Segen für die Schule, die Jugend, die Lehrer und die Nation!
Mag sein, daß mancher über meine Forderung uud deren Folgerungen den Kopf schüttelt; der eine oder der andre wird sie einen tollen Gedanken nennein ich werde es ertragen, wenn man mir anerkennt, daß sie ernst und gut gemeint ist. Mag manchem mein Vorschlag vom Übel zu sein scheinen, er ist ganz geeignet, Schlimmerem vvrznbeugen. Anders muß es werden, nnsrer Jngend muß Hilfe werden, und anders wird es werden. Schon greift man in Schweden, in Rußland, in Ungar» das Griechische an, ein Vorgehen, dem ich in Anbetracht der Überbürdnng nicht alle Berechtigung absprechen mag, dessen Gelingen mich jedoch mit dem größten Schmerz erfüllen würde. Drum gebt die schriftliche» Arbeiten auf, alles könnt ihr nicht retten, rettet der deutschen Jugend die herrliche griechische Sprache, rettet ihr ihreu ^envphon und ihren Homer, rettet ihr Hervdot uud Demvsthenes, rettet ihr Sophokles! Schaffet, daß sie diese lesen nnd verstehen lernt, ohne Beihilfe einer Eselsbrücke, einer deutscheu Übersetzuug, wie der in diesem Punkte wohl kaum ernsthaft zu nehmende Güßfeldt vorschlägt, schafft, daß sie sich mit ihrem ganzen Gemüte in jene herrlichen Schriften versenke nnd Nahrung für alle menschlichen Tugenden aus ihnen ziehe! Verstummt das durchaus berechtigte Geschrei über die Uber- bürdnng, so wird mich das Strebe», den« Gymuasium das Griechische zu entreiße», beseitigt sei».
Grenzboten I V t»SV