Litteratur
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das bürgerliche Wohnhaus zur Zeit des Perikles so schon bei einander hat und sie mit jenen Vorläufern vergleichen kann. Doch diese archäologischen Scherze und was sonst die große Masse der Vergnngungszügler herbeilockte, das ganze Treiben des Jahrmarkts bildet nur einen Teil der Publikation und versieht für sie dieselbe Verrichtimg wie die Originale für die Ausstellimg. Der Text enthält eine, allerdings mich von zahlreichen Abbildungen begleitete gründliche und interessante Darstellung der ungeheuern Arbeit, die die Schaustellung erforderte, der wirklich glänzend«» Leistungen des Straßen-, Brücken- »nd Hochbanwesens, der Eisenkonstrnktionen, der Garten- und Wasseranlagen u. dergl. i». Dieser Teil, verbuudeu mit deu statistischen Nachweise»», giebt dem Buche einen bleibenden Wert.
Die Sunden des Naturalismus. Ästhetische Ui»tersnch»lna.eu von Karl Goldmauu. Berlin, Richard Ecksteins Nachfolger
Ein gut gemeintes, warmherziges, tapferes »nd auch fleißiges Buch, das lebhaft für die Begabung des jungen Verfassers spricht (,',» Kürschners Litteratur kniender steht, daß er 18t>5 geboren ist). Aber nur glauben nicht, daß dieses Buch viele Leser fiudeu oder gar in der litterarischen Bewegnng der Zeit zur Wirkung gelangen wird, so wünschenswert es wäre, daß das hier mit großer Sorgfalt zusammengetragene Anklagemalerial gegen den Naturalismus recht bekannt würde. Warnm wir dies nicht glauben? Weil das Buch schlecht geschrieben ist! unklar, verworren zumal dort, wo Goldmauu philosophirl. Was soll man zu Sätze» sagen, wie sie uns gleich ans Seile 5 ciufstvßen: „Was ist Idealismus? Nichts andres, als das Emporsteige» eines in der Wirklichkeik lebenden Menschen zur Idee, die Sehnsucht, von der realen Wirklichkeit sich zum Ideal, das heißt der Verkörperung einer Idee zu erheben." Das ist doch eine konfuse Definition, die zu verstehen unser Kopf nicht ausreicht. „Idealismus" ist doch zunächst eine Art von Weltanschauung »nd kein „Emporsteigen"; der materialistische Denker steigt ja anch von der Wahrnehmung der Einzeldinge zum Begriff der Arle» uud Gattrmgen empor; und seit wann kann ma» ei» Ideal „Verkörperung" einer Idee nennen? Dann ist ja die Idee kein Ideal mehr, sondern ei» wirkliches Ding, wenn sie einmal verkörpert ist. Bildhafte Anschaunng ist doch noch nicht „Verkörperung." Ein andrer Satz: „Das letzte Ziel aller Dichtung ist nun, die wesenlosen Gestalten, die der ideale Drang produzirt, mit dem Schein des Natürlichen, >- > l auszustatten; erst wird das Ideal geschaffen, und dann erst dem
selben sdemselvenij der natürliche Schein verliehen." Großer Bischer! wenn dn das - lesen kiwnen — deine ganze Ästhetik, die sich so viel Mühe giebt, die Pyanui'iu. oer Künstler zn erklären, hättest dn umschreiben müssen. Ein dritter Satz auf derselben Seite 5: „Das naturalistische Knnstprinzip, Worte in Handlungen, Erzählung in Leben umznsetzen, macht sich bereits i» der Bibel kenntlich." Wer don unsern Lesern versteht diesen Satz? Nein, so gehtS nicht! Der gute Wille in Ehren, in der Litteratur gilt aber nnr das .Können. Wir zweifeln nicht, daß Goldmann bei seinem in diesem Buche bekundeten» Ernste besser schreiben lerne»' wird; wir »vollen also ans besseres warten.
Von .Neiniat zn Neimat. Ein Lebensbuch in Liedern. Von Gustav Weck. Leipzig,
Th. Knaur, 13S0
Ein Lebensbnch in Liedern -- das ist doch wohl stillschweigend jede Samm- lnng von lyrischen Gedichte». Der Untertitel hat also einen andern Zweck, als bloß den. Selbstverständliches hervorzuheben, nnd zwar den, das Programm dieser