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Der Wegfall des Sozialistengesetzes
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Der Wegfall des Sozialistengesetzes

wurde Über das zu gewährende Maß persönlicher Freiheit und das Maß der Teilnahme an der Herrschaft im Staate zwischen den Parteien gestritten. Dem entsprachen auch die Gesetze, die zum Schutze der Rechtsordnung gegeben wurden, und die zur Handhabung dieser Gesetze angeordneten Mittel. Man rechnete immer nur mit einer verhältnismäßig kleinen Anzahl von solchen, die durch Ausschreitungen die Rechtsordnung stören würden. Gegen diese tonnte das repressive System der gerichtlichen Bestrafung sür vollkommen ausreichend erachtet werden. An das große Verbrechen einer großen Verschwörung gegen den ganzen Bestand der Gesellschaft wurde dabei nicht gedacht.

Nun ist aber die seitdem herangewachsene Sozialdemokratie nichts andres, als eine solche Verschwörung. Wir nennen sie ein Verbrechen, weil sie ver­brecherisch ist in ihren Zielen und in ihren Mitteln. Ihr Ziel, der sozialistische Staat, wie ihn sich die Phantasie ihrer Führer ausmalt, ist ein Unding, das nur zur Auflösung jeder Rechtsordnung führen könnte. Das nächste Mittel aber, das znr Verwirklichung dieses Zieles in Gang gesetzt werden müßte, würde in der Beraubung aller Besitzenden bestehen.

Wenn man nun auch annehmen will, daß die svzialdemvkratischeu Führer wirklich an die Möglichkeit eines sozialistischen Staates als eines Wohlthäters für alle glauben, so glauben sie doch sicherlich nicht daran, dieses Ziel auf dem Wege friedlicher Entwicklung erreichen zu könne». Vielmehr sind sie sich vollkommen bewußt, daß nur die Gewalt ihnen die Mittel für ihr Ziel gewähreu kann. Die sozialdemokratische Partei ist hiernach ihrer innersten Natur nach eine revolutionäre Partei, und es ist dabei ganz einerlei, ob die Führer wie dies noch jüngst von einem einzelnen geschehen ist das offen eiugesteheu, oder ob sie diesen Charakter ihrer Partei mit allerhand Phrasen zu verleugnen suchen.

Nichts ist irriger, als zu glauben, daß durch öffentliche Erörterungen die große Masse der Sozialdemokraten über das Unsinnige der sozialistischen Lehre aufgeklärt und von ihren Führern abgezogen werden könnte. Die Theorien von Marx und Lassalle versteht die Masse der Arbeiter nicht. Aber sie versteht, wenn ihre Führer ihnen sagen:Seht, dn sitzen Menschen, die Anstern essen und Champagner trinken, die in reichen Equipagen fahren und jeder Üppigkeit fröhnen. Ihr aber, ihr Arbeiter, müßt mit enerm snnern Schweiß dies alles anschaffen. Sie verzehren, was ihr verdient habt." Das ist eine Logik, durch die sich der gemeine Mann leicht fangen läßt. Und wenn dann weiter die Führer fagen:Wir haben ein System entdeckt, wonach alles anders sein könnte und jeder Arbeiter vollauf zu lebeu hätte. Nur die bösen Bourgeois lassen es nicht zu, daß wir dieses System ins Leben rufen. Verhelft uns zur Gewalt, dann sollt ihr sehen, wie es euch besser geht" warnm sollten da nicht Un­zählige sagen:Jawohl, U'ir glauben a>l dieses System" ? Sie glanben daran, nicht weil sie es verstehen, sondern weil es sie nach dein, was ihnen verheißen