Maßgebliches und Unmaßgebliches
Das Leben ist doch schön! Wer das dem MargniS Posa nicht nnss Wort glauben will, der lese die Ankündigung, die das Berliner Tageblatt verschiedneu Zeitschriften beigelegt hat, und er wird überzeugt werden. Gewiß haben Schmocks Nachfolger in „brillantein" Unsinn schou außerordentliches geleistet, und die Goldene Huudertzehu, Pear, Migargee u. a. überraschen uus iunuer aufs neue durch die Eutdeckuug vou Beziehuugeu zwischen Wiuteriiberziehern, Seifen ilnd Poumindcn und deu Weltereiguisseu; auch eriuueru wir uns, Virtuosen gescheu nnd mich gehört zn haben, die gleichzeitig sechs bis acht Instrumente bearbeiteten. Aber daß eine einzige Persou ein Konzert ans der Reklamepaute mit Begleitung vou Trompete, Maultrommel, Beckeu, Klappern n. f. w. geben nud dabei, in demselben Atem, eiueu von papierneu Redeblumeu strotzeudeu iisthetisch-krilisch-historisch-politisch-ivirtschaft- licheu Konuuisvoyngcurvortrag halten köuue, haben wir erst durch jenes Änknndigungs- blatt erfahren. Am liebsten lviirden nur das litterarische Meisterstück in seinem vollen Umfange hier wiedergebe», dcun es wäre ein zn schwerer Verlust, weuu es klanglos beim Budiker eiuem unrühmlichen Eude zugeführt würde; doch müßten wir fürchten, vou denn Verfasser wegen Nachdruck belangt zu werden. So »vollen wir uns den» wenigstens durch Hervorhebung der Hauptschöuheiteu des Werkes Anspruch auf seiueu Dnuk erwerbeu.
„Noch sind die deutscheu Voller nicht arm an geistigen Heerführern. Mit festlichen Grüßen für Friedrich Spielhagen begann das Jahr, Gottfried Keller feierten wir im fruchtreichen Erntemonat, Theodor Fontaue werden wir feiern, wenn das Jahr zur Rüste geht, und noch stehen uuerschülteri und jugendfrisch die beide» gewaltigen Schvnheitsprvpheten Paul Heyse nud Adolf Wilbrandt" — mit diesen Worten lädt uns der Verfasser zu einein Spazicrgange durch kniehohen blühenden Unsinn ein. .Keller zwischen Spielhagen und Fontane — das ist (ohne Vcrgleichuug im besondern) ungefähr so, als halte vor siebzig Jahren jemand gesagt: Tromlitz, Goethe nnd Honwald. Und man beachte wohl die feine Wendnng. Spielhageu und Keller feierten „wir," Fontäne werden „nur" feiern (uusern Glückwnusch voraus zu der Feier, welche „wir" — die deutschen Völker oder die Redaktion des Tageblattes — veranstalten werden), sie haben genossen das irdische Glück, sie sind abgefertigt, die andern stehen „noch unerschüttert" durch solche Feier. Nuu folgt eiue Charakteristik des einen uuerschntterteu gewaltigen Schönheitspropheten, Wil- brands, die ohne Zweifel wörtlich in die Litteraturgeschichte des nenuzchuteu Jahr- huudcrts übergehen wird. Jeder Satz, ja jeder Satzteil ein Brillant. „Farben- Prächtige Schöuheilsfreude," Wilbrandt trachtet stets, „dem schönen Inhalt ein schön Gewand zu geben," will „seinen Gästen nicht güldenen (!) Wein im hölzernen Becher kredenzen" (worin ihm der Verfasser, wie wir sehen, mit so „schönem" Erfolge nachstrebt); er ist „dauu uud wann ein wenig eingenickt, aber er hat sich nie lange auf dem Holzwege aufgehalten" (wörtlich!); selbst da, wo dieser Schöuheilsdrnug ein wenig über die Stränge zu schlagen schien (!), verleugnete sich niemals das wahrhaft dichterische Empfinden Wilbrandts." „Der heißblütige Sinueutanmel in