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ZINN bürgerlichen Gesetzbuch
im Kampf ums Dnsein gegenüber dem Starken zu stützen. Wns sodann die persouenrechtlichen Beziehungen des Obligationenrechts anlangt, so „muß ein gesundes Privatrecht überall da, wo die Persönlichkeit selbst von der vertragsmäßigen Bindung ergriffen wird, den Begriff der Persönlichkeit in das Zentrum stellen." Deshalb verlangt der Verfasser neben einer angemessenen Regelung der Schadensersatzpflicht die Anerkennung des Rechts am Namen und andern Persönlichkeitszeichen, die das Haudels- uud Gelverberecht im Firmen- und Markenrecht angemessen entwickelt hat; er verlangt auch Aufnahme des Urheber- und Erfinderrechts in das bürgerliche Gesetzbuch. Besondres Gewicht legt er auf die Gestaltung dauernder personenrechtlicher Verbindungen, in denen das Individuum mit einem Teil seines Wesens aufgeht. Deshalb soll das Familienrecht, das Erbrecht, das Gesinderecht, die gewerbliche Lebensgemeinschaft nicht wie im Entwurf nach romanistisch-individualistischer, sondern nach germanischer sozialer Anschauung geregelt werden, wie der Verfasser dies an Beispielen darlegt. Ein gleiches gilt bezüglich deS Gesellschafts- und Gemeinschaftsrechts.
Während Gierte jeden auffordert, an dem Gelingen des großen Werkes mitzuarbeiten, macht Gvldschmidt praktische Vorschläge sttr die Herstellung eines den gestellten Anforderungen entsprechenden Entwurfs. Ehe man an die materielle Prüfung des Entwurfs geht, soll er zuvor unter Beibehaltung seines jetzigen Inhalts in eine andre, volkstümliche, weniger doktrinäre, gleichmäßig durchgearbeitete Forin gebracht werden. Diese Arbeit kann, namentlich mit Rücksicht auf die Herbeiführung der Gleichmäßigkeit in der Ausdrucksweise, nur ein einzelner Manu ausführeu. Ein für eine solche hohe Aufgabe geeigneter Mann wird sich aber schon finden lassen. Dieser müßte und könnte etwa in Jahresfrist dem Entwurf die entsprechende Form geben. Alsdann müßte der überarbeitete Entwurf etwa zwei Jahre lang der öffentlichen Kritik unterbreitet, darnach aber zur Prüfung seines materiellen Inhalts unter Berücksichtigung der eingegangenen Benrteiluugeu einer aus juristischen Theoretikern nnd Praktikern und aus Männern des praktischen Lebens zusammengesetzten Kommission überwiesen werden, die aus höchstens zehn Personen bestünde und in der die Juristen die Minderzahl zu bilden hätten. Diese Kommission hätte den Entwurf zu prüfen und durch beigegebeue juristische Hilfsarbeiter in eine dem Ganzen sich einfügende juristische Forin zu bringen. Der so vollendete Entwurf müßte dann an den Reichstag gelangen, der ihn dann vermutlich rasch erledigen würde, sodaß nach Ansicht Goldschmidts in einem Jahrzehnt etwa das Gesetzbuch verkündigt werden könnte.
Beide Schriften seien den Berufnen warm empfohlen, die Berücksichtigung ihres Inhalts wird wesentlich znr Klärung der Ansichten beitragen. Hoffentlich findet der Beginn des nenen Jahrhunderts Deutschland im Besitz seines bürgerlichen Gesetzbuchs!