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Die deutsche Arbeitergesetzgebung : 7. Einflüsse auf die Volkswirtschaft
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Die deutsche Arbeitergesetzgebung

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sicheruugsbei träge für den Arbeiter zu zahlen hat, so würde er leicht den Schein erwecken, als ob er gesetzwidrig dennoch eine Verrechnung der Ver­sicherungsbeiträge auf den Lohn vornähme; er wird also, schon um diesen Schein zn meiden, in dem erwähnten Falle einen Lohnsatz von 1 Mark 50 Pfennigen bewilligen. Es kann also sogar der Fall eintreten, und wir sind überzeugt, daß er uicht selten eingetreten ist, daß durch die Versicherungsbeiträge sich der Arbeitslohn noch über den Betrag derselben hinaus verringert hat oder was sonst geschehen sein würde sich nicht entsprechend erhöht hat. Denn darin beruht gar nicht die Bedeutung der von den Arbeitgebern zu leistenden und auf den Arbeitslohn nicht verrechenbaren Versicherungsbeiträge, daß man damit den Arbeitern hätte ein Gnadengeschenk machen wollen, sondern darin, daß der Arbeitgeber entsprechend seiner Schutzpflicht zu handeln ver­pflichtet wurde, ohne daß der Hilfsarbeiter dabei mitzusorgeu hatte. Es war einmal notwendig, die Abführung jener Versicherungsbeiträge unter allen Um­ständen zu fordern, gleichviel ob der Arbeiter wollte oder nicht; das war not­wendig, weil der Arbeiter vermöge seiner Hilfsstellung in der Arbeitsgemeinschaft zur Beseitigung der schädlichen Wirkungen jener Ereignisse, um deretwillen die Versicherungsbeiträge erhoben werden, keine Vorsorge zu treffen Pflegt. Wäre man hierbei stehen geblieben, so hätte man dahin gelangen können, die Beiträge unmittelbar von den Arbeitern einzutreiben oder doch eine unbeschränkte Ver­rechnung auf den Lohn zu gestatten, nnd auch so wäre der Segen für die Arbeiter daraus nicht ausgeblieben. Aber man ging mit Recht noch weiter und erklärte es zweitens für notwendig, daß der Arbeitsherr gewisse Arten und gewisse Teile jener Beiträge ganz unmittelbar selbst, ohne Verrechnung auf deu Lohn, trage, entsprechend der Thatsache, daß der Arbeitsherr zu eben diesem Verhältnis vermöge seiner Stellung in der Arbeitsgemeinschaft die Schutzpflicht zu übernehmen habe. Der praktische Erfolg aber war, daß mau damit die, z. B. bei den Unfallversicheruugsbeiträgen, höchst schwierigen und ebenso kostspieligen Verrechnungen auf den Arbeitslohn von vornherein abschnitt.

Überall handelt es sich daher hier nicht um Geschenke, nicht um Aus­gaben, die vorher gar nicht gemacht wurden, und die man nun willkürlich nnd gleichsam in einer Anwandlung von Menschenfreundlichkeit befiehlt, sondern diese Ausgaben sind nur von Stellen verschoben worden, wo sie ungerechtfertigt waren und deshalb drückten, an Stellen hin, wo die wahre Verpflichtung dazu ruht. Wir erwähnten schon, daß früher die öffentliche Armenpflege die Last tragen mußte, die heute in der Arbeiterversicherung den Arbeitsgenieinschaften selbst übertragen ist. Die Armenpflegekosten aber wurden vielleicht im einzelnen Falle von solchen Steuerpflichtigen aufgebracht, die von der nunmehr versiegten Arbeitskraft des verarmten Arbeiters durchaus niemals Dienste genossen hatten, während die eigentlich Versorgungspflichtige Arbeitsgemeinschaft gar nichts dazu