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Maßgebliches und Unmaßgebliches
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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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getreten; ich erwähne nur das sogenannte belgische Strafsystem mit der bedingten Bernrteilnng (cz»iutcunna.t.ion omrciit.ioneUo).

Ich bilde mir nnn keineswegs ein, mit den folgenden Auseinandersetzungen einen Weg anzugeben, auf dem die Übel, au denen uuser Strafsystem krankt, gänzlich zn beseitigen wären. Wohl aber glaube ich, den Leser überzeugen zu können, daß noch eine Möglichkeit offen ist, die niedrige Freiheitsstrafe in vielen Fällen ganz zu beseitigen uud durch eine sehr einfache, aber wirksame Strafe zu ersetze». Ich möchte nämlich vorschlagen, neben die drei genannten Hanptstrafen eine vierte Strafe zu stellen, die jedem von uns bekannt ist nnd deren vorzügliche Wirkung mancher in jungen Jahren an sich selber verspürt haben mag' die Prügel­strafe. Sie ist ja erst vor etwa fünfzig Jahreu abgeschafft worden, weil mau sie für gransam nndinhuman" und daher für verwerflich hielt. Es giebt aber jetzt genug Leute, die dieser Ansicht nicht mehr sind, die das Fehlen der Prügelstrafe sehr bedauern nnd eine Wiedereinführung derselben freudig begrüßen würden.

Es ist selbstverständlich, daß nicht überall die niedrige Freiheitsstrafe durch die Prügelstrafe ersetzt werden kaun; es handelt sich uur um einen bestimmten Kreis von Pergehen. Überall dn, wo Rohheit, Gemeinheit, Zerstörnngslust u. s. w. die Quelle der Bergeheu sind, halte ich die Prügelstrafe für die einzig wahre und mitsprechende Vergeltung. Denken wir uns nnr folgenden Fall. Auf einem freien Platz in einer kleinen Stadt sind zur Verschönerung ringsherum junge Linden angepflanzt worden. Einige Wochen später, nachdem die Bänme gnt angewachsen sind, kommen des Nachts rohe Burschen und schlagen zum bloßen Vergnügen mit einer Axt sämtliche Linden an der Wurzel ab. Die Frende der ganzen Stadt ist in einer Nacht der Zerstörungswut roher Gesellen zum Opfer gefallen. Ich zweifle nicht daran, daß jeder Mensch, der vou dieser Begebenheit hört, wenn er nur einen Funken von Auslands- nnd Sittlichkeitsgefühl hat, empört nnd entrüstet sein wird.Die Menschen verdienten Prügel!" oderSchade, daß wir keine Prügel­strafe mehr haben," das sind die Äußerungen, die man im großen Publikum bei derartige« Gelegenheiten hundertfach hören kann. Gerade in einem solchen Falle aber sollte in einer deu Gefühlen des Publikums entsprechenden Weise gestraft werden. Es ist nicht etwa nnr die Stadt als solche, als die Stifterin uud Eigen­tümerin jeuer Berschönernugsnnlageu, die für deu augerichteten Schaden Sühne verlangt. Nein, jeder Bürger, jeder Einwohner der Stadt wird durch die That beleidigt; jeder möchte am liebsten sich persönliche Genugthuung verschaffen. Ob mm das Bewußtsein, daß die Thäter zu einer Gefängnisstrafe vo» etwa sechs. Mouateu verurteilt worden siud, besser geeignet ist, dem aufgeregten Publikum die Genugthuung zn geben, die es fordert, als das Bewußtsein, daß sie täglich mit ^hörigen Stvckschlägeu traktirt werde», möchte ich bezweifeln. Gerade darum aber handelt es fich, die Gemüter zu beruhigen, der, Wunsch der Einwohner nach Ver­geltung in«»glichst ausgiebiger Weise zu befriedigen. Ich will durchaus nicht behaupten, daß iu deu Augen des Publikums eine sechsmonatliche Gefängnisstrafe.

^eme Rolle spiele; aber das Publikum weiß, daß ein Strolch sich aus einer kleinen sre^'"^-" >- -

tsstrafe nichts macht, lind hier komme ich auf den Punkt, der von du Gegner» der niedrigen Freiheitsstrafen am meisten hervorgehoben wnd. Äe Thäter sind oft geradezu froh, daß sie ein Nnterkmu.ncn gefundn haben, wo 1^ auf Staatskosten gespeist uud im Winter erwärmt werdeu M.t Wohlbehagen sitzen sie ihre Zeit ab; kann, haben sie die Freiheit wiedererlangt, so begehen sie ein ähnliches Verbrechen, das ihnen wieder ans einige Zeit em begnen.eS. sorgen­freies Leben verschafft. Ich bin fest überzeugt, daß die genüge» M-.he.tsstrnfeu