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Die böhmischen Landtagsivahlen
ebenfalls sicher war, die zu wählenden würden sich der Teilnahme an den Verhandlungen und Abstimmungen des Landtags enthalten. Es ist dies in Böhmen eine schon früher von den Deutschen wie vvn ihren Gegnern wiederholt angewendete Taktik. Als 1871 das Ministerinn! Hvhenwart sich anschickte, in Cisleithanien »ach föderalistisch-klerikalen Grundsätzen zn regieren, blieben die Deutschliberale» sowohl dein österreichischen Neichsrate als dem böhmischen Landtage fern. Die Regierung hatte die Wahlen so kräftig beeinflußt und die Begehrlichkeit der Slawen so gestärkt und entwickelt, daß jene eben fürchten mnßten, Stimmen in der Wüste zu spielen. Unter dem „verfassungstreuen" Ministerium Auersperg blieben wiederum die Tschechen vom Reichsrate weg. Dann kam Taaffe mit seiner Begünstigung der Slawen aus Regiment. Die Vertreter der Dentschböhmeu thaten im Landtage gegen seine Verfügnngen kräftige Einsprache und stellten verschiedne Gegenanträge, bis die tschechische Mehrheit über einen solchen übermütig mit der vierfachen Minderheit hinwegging. Die Antwort der Deutsche« war deren Auszug aus der Landtagsstube, lind sie sind auch bisher nicht dahin zurückgekehrt. Erfolglos, weil nicht ehrlich gemeint, waren die Versuche, sie wieder zu gewiuueu. Als Fürst Lobkowitz, der Laudtagsmarschall, vor zwei Jahren in außerparlamentarischer Verhandlung vorschlug, die Bedingungen einer Verständigung festzustellen, begegnete er zunächst geneigtem Entgegenkommen der deutschen Abgeordneten. Als er aber dann als Grnndlage der Verhandlung dieVerneinnng der wichtigsten Rechte der Deutschen einschmnggeln wollte, wandte man ihm ohne Verzug deu Rücken. Ganz vor kurzem versuchte es Fürst Schwarzeuberg auf einem »vch weniger saubern Wege, und Taaffe kam zn seiner Unterstützung in eigner Person uach Prag. Aber die deutscheu Großgrundbesitzer lehnten die Zumutung, gegen die Abtretung vvn fünfzehn Sitzen die Abgeordneten der Städte nnd Landgemeinden ihrer Nationalität im Stiche zu lassen, kurz ab. Der Riß blieb ungestillt, nnd man hatte wohl auch uur den Zweck vor Augen gehabt, den Kaiser, dem Frieden nnd Eintracht zwischen den Nationalitäten seines Reiches am Herzen liegen, zn überzeugen, daß die Regiernng sich ernstlich in in dieser Richtung bemühe.
Die Tschechen zerfallen, soweit sie sich mit Politik befassen, in zwei Grnppen, die konservativen, opportunistischen, diplomatischen Alttschechen, geführt von Rieger und Zeithammer, gern der Regierung zu Diensten, verbündet mit dem Adel und dem Klerus, nnd die deinvkrntischen, radikalen Juugtscheche» unter der Leitung Gregrs, seit sie Trojan, ihren frühern Vorkämpfer, habeu fallen lassen, weil er nicht mit dein alttschechischen Klub brechen wollte. Diese Partei hatte in den letzten Jahre» der andern viel Gebiet abgenommen, namentlich auf dem Lande, sie hatte vor der jetzigen Wahl nicht weniger als vierundfünszig Kandidaten aufgestellt, auch gegenüber solchen Kandidaten, die bei den Alttscheche» große Lichter wäre». Ihre Führer waren sehr energische Leute. Ohne Zweifel