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Maßgebliches und Unmaßgebliches
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Litteratur

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auch die Unsitte, Prädikate, die aus einem Eigenschaftswvrt bestehen, in der flek- tirten statt in der unflektirten Form hinzuschreiben, also z> B.: der Erfolg mußte von voruhcrein ein zweifelhafter sein die Stellung der neuen Direktion war eine außerordentlich schwierige die Bezeichnung war keine ganz richtig ge­wählte u, s, w. Kein Mensch spricht so. Jedermann sagt: der Erfolg mußte von vornherein zweifelhaft sein die Stellung der neuen Direktion war außerordentlich schwierig die Bezeichnung war nicht ganz richtig gewählt u, s. w. Aber das klingt dem Zeitungsschreiber, dem Herrn Aktuar oder dem Herrn Referendar bei weitem nicht wichtig, gravitätisch, weitschweifig genug, er muß die Eigenschaftswörter flektireu, uud der Universitätsprofessor, der Roman­schriftsteller machts ihm natürlich nach oder, wie man jetzt so schön sagt, naturjemäß" nach.

Diese papicrue Unsitte rcdigirt man jetzt selbst dem Kaiser in seine schlichten, frischen Ansprachen hinein. Nach den Zeitungsberichten soll er zu den abgeord­neten Grubenarbeitern gesagt haben:Merke ich, daß sich sozialdemokratische Tendenzen in die Bewegung mischen, so würde (werde?) ich mit uunachsichtlichcr Strenge einschreiten nnd die volle Gewalt, die mir zusteht und dieselbe ist eine große zur Anwendung bringen." Man kann seinen Kopf darauf wetteu, daß der Kaiser so nicht gesagt hat, daß er vielmehr einfach gesagt hat:und die ist groß." Aber nein, dem Zeitungsschreiber oder wer die Ansprache nun redigirt hat, ist das viel zu simpel, er übersetzt sichs in sein herrliches papiernes Deutsch, und da heißt es:und dieselbe (!) ist eine (!) große."

Litteratur

Zwei Jahrzehnte deutscher Politik und die gegenwärtige Weltlage. Von Eduard von Hartmann. Leipzig, W. Friedrich, 1889

Eine unveränderte Sammlung aller politischen Aufsätze, die der Verfasser der Philosophie des Unbewußten" seit 1870 in Zeitschriften veröffentlicht hat. und die, weun man von einigen uubedcutcudcn uud mißrateneu Stücken absieht und von solchen, die von spätern Ereignissen in irrtümliche Urteile und Prophezeiungen verwandelt wurden, den Beweis liefern, daß man spekulativer Philosoph und Meta­Physiker sein und sich doch dabei eine verständige, scharf und weit blickende Auf­fassung der irdischen Dinge, insbesondre der politischen Fragen, und ein warmes Herz für die Geschicke des Vaterlandes bewahren kann. Der Verfasser zeigt sich fast allenthalben als ungewöhnlich gnt zu Hause iu dem, was bei Beurteilung der einzelnen Situationen in Betracht kommt; sonst aber gewinnt man bei der Lektüre seiner Aufsätze den Eindruck, daß er den Bahnen der drei Philosophen folgt, an deren Hand sich das preußische Wesen zu seiner weltgeschichtlichen Mission geläutert und vertieft hnt, den Bahnen Kants, der das preußische Pflichtgefühl seiner bewußt werden ließ, Fichtes, der zuerst die Bcstinnnnng Preußens in Deutschland und die Aufgabe Deutschlands für die Welt beredt verkündete, endlich Hegels, des Apostels Grenzboten II 1889 48