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Die Folgen der Novelle
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Maßgebliches und Unmaßgebliches

nicht unser Leben nach der Hochzeit, so reich es übrigens mich im Wirken sein mag, in entsetzlich prosaischen und unrvmaiitischen für einen Roman! Trott, geteilt zwischen Kinder- nnd Amtsstube, dahin? Nur suchen! Und siehe, die Franzosen zeigen uns den rechten Weg; da giebt es doch etwas, was die Sache interessant machen kann warum sollte es nicht jeden Tag Passiren können? Ju Wien uud Paris passirt es ja allem Anschein nach alle Tage, der Ehebruch! Gethan oder gedacht gedacht und gethan, alle Welt, die schreibt, greift jubelnd nach ihm; a.ä n^turanr oder nicht, es ist ein neues, ein millionenfach variables Thema, das aus deu abgedroschnen Jngendliebe- Eseleien heraushilft und dazu den ganz besondern Reiz einer ganz besonders verbotenen Frncht hat. Was kümmert es uus, daß wir doch faktisch ganz solide Philister sind, die gar nicht nn so etwas denken? Stoff, Stoff ist die Haupt­sache, und die Kunst steht über dem Leben! Also wird für das geduldige Schaf Publikum Ehebruch gedichtet. Die Sauce fehlte nur noch znmnatura­listischen" Brei; so erst haben wir die vollendete Schweinerei. Und wo die eigne nicht ausreicht, langen wir sie uns aus den Litteraturen der Norweger uud Nnsseu und andrer wilden Völkerschaften. Gesegnete Mahlzeit!

Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wohlthätigkeit als Sport. In der von den Grenzboten schon früher erwähnten Sammlung von Wiener Flugschriften, die unter dein TitelGegen deu Strom" erscheint, kam letztes Jahr u. a. auch eiu Heft heraus: Moderne Wohl­thäter. Wenn darin auch nur von Wiener Zuständen und Vorgängen die Rede ist, manches von dem, was dort gerügt wird, hat doch auch allgemeinere Geltung. Bloß die Fvrmcu ändern sich nach Land uud Leuten, mit der Sache steht es hier wie dort. Thatsächlich nämlich erscheint es als eine Eigentümlichkeit unsrer Zeit, daß fast alles, was zum Wohle der Armen uud Bedürftigen gethan wird, zugleich im Dienste der lieben Eitelkeit steht, ja häufig muß diese sogar als die eigentlich treibende Kraft angesehen werde«. Ein gutes Teil der Schuld hiervon tragen allerdings die stoffhuugrigen Zeituugeu; aber viele, recht viele der modernen Wohlthäter wollen auch ihre Namen gedruckt sehe», wollen lesen, wie opferfreudig sie für die Notleidenden und Bekümmerten arbeiten, sonst fällt für sie der ganze Reiz ihrer aufopfernden, sogenannten gemeinnützigen Thätigkeit weg.

Schon die heutige Art der Armenpflege leistet der Eitelkeit Vorschub, so große Vorzüge sie auch im übrigen hat. Es werden viele Pfleger gebraucht, und ein angenehmes Amt ist das nicht; da zieht man denn juuge Müuuer, besonders gern Lehrer, dazu heran. Wer will sich darüber wuuderu, daß diese Vertrauensstellung in solchen Männern bald ein Gefühl ihrer Würde erzengt, das nicht selten geradezu komisch wirkt? Es kitzelt sie, sich als Zustandsvvrmund für ihre Pfleglinge zu