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mcicht hat, gerät er als Wildschütz mit den Behörden in Konflikt und endet auf der Flucht vor Gensdarmen dnrch den Tod im tiefen See.

Diese echt poetisch anmutende und tragisch erschütternde Gestalt ist leider im Sinne des Realismus nichts weniger als Mahr. Sie ist ein gutes Zeugnis für Noseggcrs dichterisches Vermögen, aber im übrigen zeigt der Roman wieder, wie unklar der Versasser in künstlerischen Diugeu denkt. So ideal sein Held handelt uud dasteht, so realistisch im Sinne der Modernen ist seine Uingelnmg geschildert. Nosegger vermag nämlich uicht wie der andre österreichische Dorfgcschichtcndichtcr, wie Anzengrnber, eine Handlung im großen Stile zu erfinden uud darzustellen, Darnm hältJakob der Letzte" mit demSternsteinhof" nicht entfernt den Ver­gleich ans. Nosegger ist der gebvrne Episodist, der Skizzenmcinn, der von lyrischer Stimiuuug erfüllte Naturschildercr, der Sittenmaler im kleinen Stil. Dies Ge­präge trägt auch die vorliegende Waldbaucrngeschichte. Jedes ihrer zahlreichen Kapitel ist ein Bildchen für sich, geeignet, ganz abgetrennt in einer Zeitschrift zu erscheinen. Ausführlich werden uus die Sitten der GebirgSbancrn geschildert, und viele Szenen sind vou ungewöhnlicher Schönheit, insbesondere die Natnrschildernngen. Sie werden um so wirksamer, je weniger man Nosegger aus früheren Bäudeu keunt, denn einigermaßen wiederholt er sich denn doch auch diesmal. Wenn man aber an die Tendenz denkt, die dem Vorworte gemäß der Dichter mit seinemJakob der Letzte" verfolgte, so mnß man sagen, daß seine Geschichte eigentlich das Gegen­teil vou der Wirkung hervorruft, die sie beabsichtigt. Deuu wie tief auch unser Mitleid mit dem letzten Jakob sein mag: zur Aktion gegen den Millionär für die Aitenmooser fühlen wir uns durchaus nicht gedrängt. Diese dnmmcn Bauern, die nicht soviel Verstand haben, zu merken, daß sie, ohne irgend eiu Handwerk gelernt zu haben, iu der Fremde verkommeu müssen, und die nach Noseggers eigner Darstellung iu Wahrheit sämtlich mehr oder weniger elend zu Grunde gehen - welches Recht haben sie darauf, die Hilfe des Staates cmznrufeu? Ist der Staat etwa dazu da, jeden Narren vor Thorheiten zu bewahren? soll der Staat das Amt des Schulmeisters oder Seelsorgers überuehmcu? Es besteht heut­zutage viel zu viel das Bestreben, den Staat für die Fehler der einzelnen verant­wortlich zu machen; Nosegger schwimmt iu dieser Strömung ohne Klarheit mit. Den Stier bei den Hörnern zn fassen, das ihm dnnkel vorschwebende Problem der sozialen Frage, des Konfliktes zwischen Kapital und Arbeit zu ergreifen uud dichterisch zu behandeln, hat Nosegger nicht versucht. Solche Tragödien aber, wie er sie uus geschildert, werdcu sich so lauge wiederhole», als es zwischen Menschen einen Unterschied der Starken uud Schwache», der Begabten uud Unbegabten giebt. Wer am Leben bleiben will, muß sich auch des Lebens erwehren köuuen. Es ist der Poesie Noseggers uur möglich, uns elegisch zu stimmen aber nicht mehr!

M N

Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig Verlag von Fr. Will). Grunvw in Leipzig Druck vrm Carl Marqart in Leipzig