Litteratur
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ungemein in Anspruch genommen und aufgerieben oder doch stark geschwächt werden durch Strapazen jeder Art. durch anstrengende Marsche, dnrch Mangel an geeigneten Nahrnngsmitteln, durch schlechte Unterkunft oder Kampiren im Freien bei Nacht und Negenwetter oder bei Sümpfen, welche Fieberlust aushauchen, durch Erkältung nach höchster Erhitzung im Sonnenbrände, endlich durch starke Gemüts- beweguugen wie Verdruß. Furcht und plötzlichen Schreck bei Vcrrätcrcien, Launen und Feindseligkeiten der Eingcbornen. In stetigen, wohlgeordneten Verhältnissen, in diesen gescholtenen Gegenden lebend, ansässig, sicher und gut mit allem Nötigen versorgt, wird der Europäer hier sicherlich bessere Erfahruugeu macheu, als wenn er sie als Reisender durchwandert.
Johann Eberlin von Giinzburg. Der evangelisch-soziale Bolksireund. Sein Leben und Wirken in den religiöse» nnd polnischen Kämpfen der ResonnationSzeit. Für die Gegen' wart dargestellt von Julius Werner. He>deloer.j, GrooS, 1339
Der ausführliche Titel dieses kleiueu Volksbuches giebt geuau au, was wir zu erwarten haben. Eberlin ist mit Recht von einigen tüchtigen Gelehrten, wie Riggenbnch nnd Radllofer, in ausführlichen Biographien als einer der bedeutenden Mitarbeiter Luthers dargestellt worden. War somit für den Verfasser ciue ueue Quelleuforschuug unnötig, so hat er sichs doch darum nicht bequem gemacht, sondern seiucm Buche deu Vorzug gegebeu, das meiste mit den Worten Eberlins selbst zn belegen. Gerade ein Mann des Volks wie der talentvolle Redner uud Stilist Eberlin gewinnt durch dies Verfahren nngemeiu. Nebenbei malt uns unser Buch iu vorzüglicher Weise den allgemeinen Hintergrund der damaligen so belebten Zeit, besonders in den Verhältnissen in Süddentschland.
Jnkob der Letzte. Eine Waldbanernqeschichte' aus unsern Tagen von P. K. Rosegger.
Wie», Hartlebcn, 1889
„Dieses Werk hat einen tiefern Zweck, als deu. bloß zu unterhalte»." Vorworte vor Dichtungen sind immer fatal. Entweder sind sie geradezn überflüssig, wenn sie die in der Dichtung dnrch Bild uud Handlung ausgeführten Ideen des Dichters wiederholen; oder sie sollen einen Maugel der Dichtung ergänzen, wenn sie die darin unklar gebliebene Tendenz prosaisch nnssprcchen. Das letztere ist hier der Fall. Noseggcrs Waldbanerngeschichte ist keine rein künstlerische Arbeit, der Dichter verwahrt sich sogar ausdrücklich vor der Zumntnng, „bloß zu unterhalten," er verfolgt „tiefere" Zwecke. Darüber nämlich, daß die Zwecke des Dichters, je reiner sie von allen politischen oder sozialen oder philosophischen Tendenzen sind, >n Wahrheit die „tiefern" sind, ist sich Rosegger, wie auch seine „Lebensbeschreibung" bezeugt, nicht klar geworden. Als vb nicht die höchste praktische Wirkung der Dichtung darin bestünde, etwas zu erstreben, was keine Wissenschaft und keine andre Kunst ebenso erreichen kann, nämlich uns die Tiefen der menschlichen Natur zu offenbaren, uus im Bilde, unmittelbar, dem einfältigen Gemüte verständlich zu zeigen, wie dieses menschliche Leben beschaffen ist. welche Triebe die Leidenschaften bewegen, welche Ordnung oder Nichtordnung in unserm Dnsein besteht, unser Gefühl empfänglich zu macheu für alles, was Meuscheu erfüllen, bewegen, erfreuen uud betrüben kann! Ist dies nicht die größte uud im besten Sinne „praktische" Wirkung der Dichtkunst? kann sich irgend ein andrer praktischer „Zweck" damit vergleichen? Hängt nicht all unser auf praktische Zwecke gerichtetes Handeln zuletzt von nichts anderm, als von der klaren Einsicht uud gesunden Empfindnng für alles rein menschliche ab, die wir uus erworben haben? Und die Poesie bleibt doch nur