Beitrag 
Das adliche und das bürgerliche Element im deutschen Heere
Seite
7
Einzelbild herunterladen
 

Das adliche und das lnü'gei'liche Element im deutschon l^eere

den nicht preußischen, zumal in süddeutschen Heeresteilen find im Lanfe der letzten zehn Jahre die höheren Stellen bis einschließlich znm Divisionskommandeur und Kriegsminister zn Zeiten mit bürgerlichen Offizieren besetzt gewesen und sind es zum Teil heute noch. In Preußen sind zu gleicher Zeit drei Stellen von Generalstabs-Chefs eines Armeekorps durch bürgerliche Offiziere eines süd­deutschen Heeresteiles mehrere Jahre hindurch besetzt gewesen, und man nimmt doch allgemein nn, daß Offiziere in solcher Verwendung zn den höchsten Stellen vorzurücken Aussicht haben. Solche Erscheinungen sprechen deutlicher als statistische Nachweise, die doch immer nach den jeweiligen Besörderungsver- hältnisseu der Offiziere beider Klaffen ein unsicheres, wechselndes Bild geben.

Sind derartige Erscheinungen aber einmal da, so sind sie nicht wieder rückgängig zn machen; sie sind im Vergleich zu der früheren Ausschließlichkeit des adlichen Elements im Offizierkorps ein Beweis, daß der Ausgleichnngs- Prvzeß schon bis nahe an die Grenzen des Erreichbaren geht, also nahezu als beendet erscheint. Wird dies erst vollständig der Fall sein, so wird dann allerdings der Adel als solcher seine Herrschast im Heere eingebüßt, sie aber nicht etwa an das bürgerliche Element, sondern an das Ganze abgegeben haben, dem er sich dann einfügen wird.

Außerhalb des Heeres ist es ja auch nicht anders. In der heutigen preußischen Zivilverwaltung ist man auch davon zurückgekommen, die höchsten Stantsstellen an den Adel gleichsam in Erbpacht zu überlassen, die Minister- Posten werden in bunter Reihenfolge mit Adlichen und Bürgerlichen besetzt, ohne andre Rücksicht als die auf die Befähigung, die man ihnen zutraut, wie dies in Süddeutschland längst der Fall ist.

Dem ans seinen Gütern sitzenden vermögenden Adel wird kein Menfch das Recht verkümmern wollen, sich sein Leben so einzurichten, wie es ihm beliebt, und sich selbst dabei so hoch anzuschlagen, wie es ihm gutdünkt; im Herren­hause aber oder im Reichstage wird er doch nur so viel gelten, als er vermöge seiner Bildung, seiner Fähigkeit, seiner Kenntnisse und seiner Thätigkeit leistet. Genan dasselbe Verhältnis wird im Heere bestehen. Man darf behaupteu, daß heute von der Heeresleitung ganz ohne Rücksicht auf Herkunft streng nach Befähigung und Verdienst Verfahren wird, vorausgesetzt daß der Offizier alle Anforderungen, die an ihn gestellt werden, vollständig erfüllt. Es giebt im heutigen deutschen Heere nichts, das nicht durch treuen Fleiß von jedem, dessen Bildung auf der erforderlichen Höhe steht, zu erlernen wäre; Fleiß aber und Pflichttreue fordert die heutige Heeresleitung ohne alle Ausnahme von jedem Offizier. Der adliche Offizier, mag er auch den ersten Familien des Landes angehören, wird also im Verhältnis zu dem neben ihm dienenden bürgerlichen auf Entlastung bezüglich der Anforderungen des Dienstes nicht zu rechnen haben; er wird dies auch nicht beanspruchen, steht also dem blirgerlichen in dieser Beziehung völlig gleich. . ,