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Prinz Ferdinand zweiter Akt, zweiter Auftritt.
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Prinz Ferdinand zweiter Akt, zweiter Auftritt.

och ist es ungewiß, ob das Schauspiel, welches mit der Berufung des Koburgers auf den Fttrstenstuhl Bulgariens begann, als Tragödie oder als Komödie endigen wird. Bisher hatte es mehr von der letztern Gattung, namentlich der Held mit seiner Mama und den Intriganten, die ihn am Drahte hatten, entsprachen ihr ganz entschieden, uud jedenfalls wäre es komisch, wenn Bulgarien allein oder richtiger eine dort herrschende Partei dem Willen dreier Großmächte, nachdem er ausgesprochen wäre, Trotz zu bieten auch nur Miene machen wollte. Dieser Wille ist aber jetzt ausgesprochen und durch den Sultan, den Suzerän der Bulgare», auch als sein Wille in Sofia mitgeteilt worden. Damit begann der zweite Auftritt im zweite« Akte des Stückes Prinz Ferdinand und seine Gönner, und dieser wird ohne Zweifel mindestens tragikomischen Charakter tragen, wenn die übrigen drei Großmächte sich nicht bald zu andrer Stellung zu dem russischen Verlangen, als ihre anfängliche war, entschließen. Das bleibt abzuwarten. Tritt es ein, so wäre Widerstand der Partei Stambuloffs nicht bloß eine Komödie, sondern eine Posse. Vorläufig genügt es, daß die Pforte dem russischen An­trage, der von Deutschland und Frankreich unterstützt wurde, entsprochen hat, indem der Großwessir an die bulgarische Regierung telegraphisch die Erklärung ge­richtet hat, die Stellung des Prinzen Ferdinand an der Spitze des Vasallenstaates Bulgarien sei rechtlos; denn sie sei im Widerspruche mit den Bestimmungen des Berliner Friedeusvertrages. Die Sache beschränkt sich aber nicht ans das ver­hältnismäßig kleine und schwache Bulgarien. Europa steht zwei russischen Be­wegungen gegenüber, die offenbar als zusammenhängend aufzufassen sind. Während Nelidoff, der russische Botschafter in Konstantinopel, angewiesen wurde, seiner ersten Note wegen einer Erklärung des Sultans gegen die Usurpation des Koburgers eine dringendere folgen zu lassen, ging der Vormarsch russischer Truppen gegen die polnischen Grenzen ohne Unterlaß weiter, das Kommissariat in Warschau häufte dort große Vorräte wie für einen Feldzug auf, und viele russische Offiziere, die sich auf Urlaub befanden, wurden zu ihren Regimentern einberufen. Also, wie es scheint, diplomatischer Druck bei der Pforte, verstärkt durch militärische Schachzüge gegen Bulgarien? Wohl nicht gegen dieses