Die Freiheit und Selbständigkeit der evangelisch-protestantischen Kirche. <Z1
heute noch auf weite Strecken nicht ist." Diese Anschauung vom deutschen Kaisertume und die Auffassung vom Rechte der katholischen Kirche, wie sie in solchen Äußerungen sich kundgicbt, passen genau zusammen.
Natürlich stellt man dies Recht mit seinen Forderungen nicht so nackt und bloß hin; man verlangt scheinbar unschuldige Dinge, Dinge mit dehnbaren Begriffen, wie „Parität" der „Konfessionen," Freiheit der Schule vom Staat Recht der Familie auf kirchliche Erziehung der Kinder, Unabhängigkeit der geist- liehen Gerichtsbarkeit und Verwaltung. Es sind das alles aber nur Vorstufen, um zur Herrschaft über den Staat zu kommen. Für den Staatsmann, der bewußt und fest ans dem Boden des modernen Staates steht, ist es darum eine Unmöglichkeit, das zu gewähre«, was die katholische Kirche als ihr „Recht" an sieht; auch die Freiheit und Selbständigkeit dieser Kirche wird er nur so weit zugestehen können, daß die des Staates dabei besteht, und wo diese gefährdet wird, da muß er der Kirche ihre Schranken ziehen. Für den modernen Staat giebt es keinen andern Grundsatz m seinem Verhältnis zur Kirche als den, welchen Bismarck in seiner Depesche an Arnim vom 26. Mai 1869 aufstellt, wenn er schreibt: „Für Preußen giebt es verfassungsmäßig wie politisch nur einen Standpunkt, den der vollen Freiheit der Kirche in kirchlichen Dingen und der entschiednen Abwehr jedes Übergriffes auf das staatliche Gebiet." Das Gebiet der kirchlichen Dinge ist aber nicht von den Bischöfen eigenmächtig zu bestimmen und willkürlich auszudehnen, wie sie das versuchten in ihrer Auslegung des fünfzehnten Artikels der preußischen Verfassung, sondern diejenigen Gebiete der Kirche, welche irgend eine Beziehung zum bürgerlichen und staatlichen Leben haben, sind durch Staatsgesetze zu regeln; für den modernen Staat ist schlechterdings der Grundsatz festzuhalten, den der Reichskanzler aussprach: „Die Souveränität kann nur eine einheitliche sein und muß es bleiben: die Souveränität der Gesetzgebung!" Es war damals die Zeit, als die Bischöfe von Landesgesetzen sprachen, die für sie und überhaupt für die Katholiken nicht verbindlich seien. Solche Übergriffe werden stets versucht werden, sobald der Klerus sich die Kraft zutraut, sie durchzuführen. Mit welchem Grade von Entschiedenheit dann die Ausschreitungen von einer Negierung zurückgewiesen werden können, das hängt hier mehr als auf jedem andern Gebiete von der Unterstützung ab, die ihr durch die öffentliche Meinung geboten wird. Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens. In der oben angeführten Depesche weist Bismarck eine Einwirkung auf das Konzil selbst etwa durch oreckores mit Recht zurück; am wenigsten will er Proteste auf einem Gebiete haben, wo es nicht in der Macht des Protestirenden liegt, das zu verhindern, wogegen er prvtestirt, wie das denn bei Abgesandten ketzerischer Regierungen in Rom der Fall sein würde. Aber „etwas ganz andres als müssige und nicht berücksichtigte Proteste sind die auf dem Gefühl der eignen Macht beruhenden Kundgebungen der Regierungen, Übergriffe nicht dulden zu wollen," Einwir-