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Geschichten aus Korfu.
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Geschichten aus Aorfu.

(seine eigne natürliche Tochter) mit guter Aussteuer demjenigen zum Manne geben, welcher im nächsten Herbst mit dem besten Weine aufwarten kann. Die Aussicht auf diese gute Partie spornt die bis dahin trägen Jünglinge Gasturis zur fleißigsten Thätigkeit au, und der Humor der Geschichte liegt darin, daß der kostbare Preis dieses Wettarbeitens das verkörperte Ideal süßer, träumerischer Trägheit selbst ist. Merkwürdigerweise versinkt gerade jetzt der wegen seines unerhörten Fleißes viel verspottete und deswegen anch ganz vereinsamte Artemisios in jene thatenlose Trägheit, die er bisher an seinen Landsleuten verachtete. Was ist der Gruud dieser seltsamen Veränderung in Artemisios? Verschmäht er, der die besten Aussichten auf Gewinu hatte, die schöne und reiche Braut? Die schöne Marsilia ist selbst am meisten über diesen unbegreiflichen Umschlag ver­wundert, ja in ihrer verletzten Eitelkeit ist sie geradezu erzürnt über den Gaidari," den Lastesel Artemisios. Die Wahrheit aber ist, daß der fabelhaft fleißige Mann nnn etwas kennen gelernt hat, was ihn mit einem innigeren Glück erfüllt, als die frühere ruhelose Geschäftigkeit, daß er verliebt ist, verliebt in dieselbe Marsilia, nm die sich das ganze Dorf bewirbt, daß aber ihn die Liebe die wahre Leidenschaft ganz verwandelt hat. Artemisios hatte vorher Marsilia, die er schon wegen ihres Rufes mißachtete, absichtlich nie sehen wollen. Der erste Anblick ihrer Schönheit jedoch hatte ihn berauscht:Es war ihm zu Mute, als sei eine zweite Sonne am Himmel aufgegangen, welche die altgewohnte Begleiterin seiner Tagesmühen an Glanz und Wärme noch um ein Erhebliches übertreffe. Und auch noch in einem besondern Betracht glich das neue Gestirn der Sonne: wie man in diese nicht voll hineinsehen kann, ohne lange Zeit nachher noch ihr Abbild im Ange zu tragen, für andre Gegen­stände aber geblendet zu sein, so sah dieser einzig das Bild des schönen Mädchens überall vor sich Herschweben; für alle die nützlichen Dinge aber, auf die er sonst geachtet, schien er blind geworden zu sein." Die Handlung gestaltet sich nun weiter so, daß Marsilia selbst den Weinberg des in träge Verliebtheit und Schwärmerei versunkenen Artemisios hinter seinem Rücken bestellt, sodaß schließlich doch der Würdigste, eben der fleißige Artemisios, die Braut heimführt. Der Gedanke des Dichters ist klar der: es giebt zwei Arten von Trägheit. Die ge­meine Faulheit, welche sich alle Früchte gemütlich iu den Schoß fallen läßt, dabei aber den geschwätzigen Müßiggang liebt und ihn nur dann mit der Thätig­keit vertauscht, wenn ein sinnlich greifbarer und gemein nützlicher Lohn in Aus­sicht steht. Dagegen kennt der Dichter noch eine andre, edlere Art von Trägheit, welche die höchste Wirksamkeit in sich birgt, und welche der Prälat im Gespräch mit dem Gaidari also preist:Allein die Mitte zwischen Schlaf und Wachen, nämlich das Träumen, ist ein anmutiger Zeitvertreib."Ich kenne keine Träume (erwiedert der Gaidari vor seiner Verliebtheit, die ihn eines bessern belehren sollte), und wünsche sie nicht zu kennen; denn sie sind nutzlos und etwas Unwirkliches."Dann freilich magst du auch kaum verstehen, wie man