616
Der Rheinbund.
von Schweden), Münster, die drei Braunschweig und Hessen-Kassel den rheinischen Bund, angeblich „zu gegenseitiger Verteidigung und zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe im Reiche." Der Bund hatte eine Truppenmacht von 10 000 Mann, zu der jeder Verbündete seinen Beitrag stellen mußte, Frankreich beispielsweise 2400 Mann. Ein Bundesrat sollte die gemeinsamen Angelegenheiten leiten u. s. w. Man sieht, es war ein Vorbild des Napoleonischen Rheinbundes im kleinen in bester Form. Eine nennenswerte politische Bedeutung hat dieser erste Rheinbund zwar niemals erlangt; das verhinderten politische und militärische Ereignisse, die man damals noch nicht voraussehen konnte. Aber als Vorbild des spätern Rheinbundes darf er nicht mit Stillschweigen übergangen werden. Und welche Gefahr dieser Bund für das Bestehen des Reiches und seiner Glieder in sich barg, dafür dient das Zeugnis eines Zeitgenossen, der unzweifelhaft der berufenste Richter über die politischen Verhältnisse der damaligen Zeit war, nämlich keines geringeren als des Großen Kurfürsten. Gerade aus dieser Zeit stammt eine Denkschrift von Friedrich Wilhelm, die viel allgemeiner bekannt sein sollte, als sie es leider ist. Sie ist überschrieben: „Anden ehrlichen Deutschen"; ihre wichtigsten Stellen mögen hier eine Stelle finden. „Dein edles Vaterland war leider im letzten Kriege unter dem Vorwcmde der Religion und Freiheit gar jämmerlich zugerichtet und an Mark und Bein derartig ausgesogen, daß von dem einst so herrlichen Körper schon nichts mehr übrig ist als das Skelett. Wem noch deutsches Blut im Herzen warm ist, muß darüber weinen. . . . Wir sind mit dem letzten Kriege schier Dienstknechte fremder Nationen geworden. Was sind Rhein, Weser, Elbe, Oderstrom anders als fremder Nationen Gefangene? Was ist unsre Religion und Freiheit mehr, als daß andre damit spielen? . . . Gedenke ein jeder, der kein schwedisches Brot essen will, was er für die Ehre des deutschen Namens zn thun habe, um sich gegen sein eignes Blut und sein einst vor allen Nationen berühmtes Vaterland nicht zu versündigen. Gedenke, daß du ein Deutscher bist!" So deutlich erkannte der große Mann, welche Gefahren das gesamte Deutschland bedrohten, wenn fremde Mächte unter dem Vorwcmde, die deutsche Freiheit und den evangelischen Glauben aufrecht zu erhalten, sich fortwährend in die innern Verhältnisse des Reiches mischten. Wenn er in diesem Aufrufe „An den ehrlichen Deutschen" mehr die von Schweden als die von Frankreich drohenden Gefahren hervorhebt, so wird das bei niemandem, der die politische Lage Brandenburgs in der damaligen Zeit kennt, Verwunderung erregen. Umsomehr Verwunderung muß es aber erregen, wenn man hört, daß später (im Januar 1664) der Große Kurfürst selbst diesem Rheinbunde beitrat, wenn auch nicht für lange Zeit, und wenn er auch völlig seiue Selbständigkeit und damit die Selbständigkeit des Bundes wahrte. Die politische Zwangslage, welche den Knrfttrsten zu diesem immerhin gefährlichen Schritte trieb, kann hier nicht näher erörtert werden. Es soll nur darauf hingewiesen werden, wie tief die treulose, undankbare Politik