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Kleinere Mitteilungen.
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Kleinere Mitteilungen.

vom Reichsgerichte bis zum Schöffengericht, dem ja auch durch Ueberweisung Von­seiten der Strafkammern z, B. Beleidigungsstrafsachen gegen Preßcrzcugnisse über­wiesen werden können und thatsächlich nicht selten überwiesen werden, entweder ihrer Aufgabe nicht gewachsen seien oder ihre Pflicht nicht erfüllt hätten. Daß die deutschen Richter der Aufgabe nicht gewachsen seien, Preß- und politische Straf­sachen abzuurteilen, wird selbst von der äußersten Linken nicht behauptet. Es bleibt also nur der Vorwurf der Nichterfüllung der Pflicht, d. h. im vorliegenden Falle wohl des Mangels an Unparteilichkeit. Nun ist es ja von jeher ein beliebtes Mittel der Oppositionsparteien gewesen, die sich ihrer ganzen Stellung nach nicht selten auf dem Gebiete der Gesetzeswidrigkeiten bewegen, dann, wenn einer ihrer Angehörigen wegen Gesetzesübertretung verurteilt worden ist, über Parteilichkeit des verurteilenden Gerichts zu klagen, aber in neuester Zeit sind von einer ge­wissen Seite diese Klagen in ein bestimmtes System gebracht worden. Man will vorsätzlich dem außerhalb der Juristenwelt stehenden Volke den Glauben beibringen, als seien unsre Richter den Einflüssen der Regierungen in einer ihre Pflicht verletzenden Weise zugänglich. Und das geschieht in einem Lande, dessen Rechtsprechung und Unabhängigkeit der Justiz mit größern Bürgschaften umgeben ist als irgendwo andres. Nicht die Richter sind für die allerdings nicht seltenen Verurteilungen in solchen Fällen verantwortlich zu machen, sondern die, welche die Strafthaten begehen und damit zeigen, daß sie die unter Mitwirkung des Volkes gegebenen Gesetze selbst uicht achten. Oder will man vielleicht das Schwurgericht in Frankfurt a. M. für den Tod Lieskes, das Reichsgericht für die Verurteilung Ncves verantwortlich machen? Waren sie es nicht vielmehr selbst, die durch Ver­achtung unsrer Gesetze und offne Auflehnung dagegen die bekannten Folgen für sich herbeiführten? Aber man kann so leicht das Ansehen der Staatsgewalt untergraben, wenn man die Gerichte herabsetzt; es findet sich immer eine große Anzahl Menschen, die Unrecht erlitten zu haben glauben, und dann kann man von den Gerichten zu etwas anderm übergehen. Wir wiederholen, es liegt System in der Sache, und deshalb ist der dcutschfreisinnige Antrag einer gewissen Beachtung, die er an sich uicht verdiente, wert, nicht der, die ihm die Partei schenkt, der er nur Mittel zum Zweck ist, sondern der, daß man daraus aufs ueue Anlaß nimmt, die fortwährenden Hetzereien gegen unsre Gerichte und ihre Unparteilichkeit in ihrem wahren Lichte zu zeigen und ihre wahren Beweggründe aufzudecken.

Zur agrarischen Bewegung. Wer dieSozialen Probleme" von Henry George gelesen und den Bestrebungen der deutschen Landliga aufmerksam gefolgt ist, wird gern von einem Gesetzentwurfe Kenntnis nehmen, den die französische radikale Partei unter Führnng Clemencecms in diesem Herbst aufgestellt hat. Der Pariser v0i-r<zsxonÄg.nt vom 26. September 1887 berichtet darüber im wesentlichen folgendes.

Das Recht der gesetzlichen Erbfolge (ohne letztwillige Verfügung des Erb­lassers) soll sür die Seitenlinie völlig aufgehoben werden. Der Staat tritt in Ermangelung von Vorfahren oder Nachkommen als Gesamterbe ein. Die Lände­reien, die auf diese Weise in seine Hand gelangen, müssen in Loosen von fünf Hektaren gegen Meistgebot und fünfundzwanzig Jahreszahlungen veräußert werden, können auch nur durchBürger," welche noch nicht fünf Hektaren besitzen, erstanden werden und immer nur unter der Bedingung desRückenbesitzcs." Sie können deshalb auch nicht verpachtet und immer nur unter den gleichen Bedingungen weiter verkauft werden. Gewerbliche Liegenschaften und Kapitalien gehen an Ar­beitergenossenschaften über. Das Recht der letztwilligen Verfügung wird thatsächlich