Gevatter Tod.
Line Weihnachtsgeschichte von L. Budde. (Fortsetzung.)
!er Tauftag kam, und das ganze Dorf war mit dabei, aber !die Freude war weggeblieben. Draußen auf dem Friedhvfe senkte man einen Sarg in die kühle Erde — man begrub den jungen Schulmeister. Und der Totengräber Jens nahm wirklich Teil an der Festlichkeit. Nie zuvor hatte er es sich so sauer werden lassen, ein Grab zu glätten und es mit dem dichtesten Grün auszulegen; es war, als könnte er sich gar nicht davon trennen. Mit einem so barschen, unbeweglichen Gesicht, wie es niemand je bei ihm gesehen hatte, ließ er das Tau herab, an dem der Sarg in die Erde gesenkt wurde. Als dieser aber auf dein Boden des Grabes angelangt war, ging ein plötzliches Beben durch seine alten, runzligen Züge, und es sah ans, als wenn der alte Totengräber zusammensänke und verschwände, ohne daß jemand so recht wußte, was aus ihm geworden war.
Vor wenigen Wochen hatte der, welcher jetzt dort unten den ewigen Schlaf schlief, ein Lied vom Tode geschrieben, und die klugen Leute des Dorfes hatten bedenklich die Köpfe geschüttelt und gemeint, es sei doch wunderbar, daß ihr lieber Schulmeister immer so viel mit dem Tode zu schaffen habe. Und nnn klangen seine eignen Worte als letzter Abschiedsgruß über sein Grab:
Ich sah, wie stille schwebte Die Freude ward zum Leide,
Ein Engel durch das Land, Wie schwand der Lenz so bald!
Mein ahnend Herz erbebte, Herbstnebel ans der Haide,
Da es sein Thun verstand: So ernst und stumm der Wald.
Wohin die Hand er streckte, Durchs trauernde Gefilde
Verschwand der Blumen Pracht, Naht leis der Tod zur Nacht:
Wohin den Arm er reckte, Zur Ruhe hat er milde
Sank Licht nnd Glanz' i» Nacht. Die müde Welt gebracht. Grenzboteu IV. 1887. S7