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Die Raiscrwahl vom Jahre ^5^9 und Aarls V. Anfänge.
Talleyrands Beistand verwirklicht hat: die Aufsaugung der in Würtemberg eingesprengten reichsstädtischen Gebiete, Die Aufregung war groß; vier Reichsstädte beschickten in Ulm einen Stüdtetag zur Ratschlagung über gemeinsame Abwehr; das hcrauuccheudc französische Königtum schien mit einem Umstürze aller bestehenden Verhältnisse verknüpft zu seiu.
Auch in Norddentschland erhoben sich die Anhänger des Königs Franz zu offenem Kriege, Bischof Johann von Hildesheim, ein geborner Herzog von Sachsen-Lancnburg, hatte sich durch weise Sparsamkeit in die Lage versetzt, die vielen verpfändeten Güter und Ämter seines Stifts wieder einzulösen; darüber gerieten die Adclsfamilien, welche im Genuß dieser Güter waren, in Aufregung wider den schäbigen „Hans Magerkohl," der freilich nicht überall billig verfuhr, und neunzehn von der hildcsheimischen Ritterschaft schloffen einen Bund, wonach sie die Rückforderung der Güter nötigenfalls mit den Waffen abwehren wollten; an ihrer Spitze stand Ritter Burchard von Salder, dem selbst die Burg Laucnstciu wieder entzogen worden war. Sie riefen den Schutz der Herzöge von Braunschweig-Wolfeubüttel, Heinrichs des Jüngern und Wilhelms, und des Herzogs Erich von Kalenberg, sowie den des Bischofs Franz von Minden an, welcher den Rebellen alsbald offen Vorschub leistete. Bischof Johann seinerseits suchte Hilfe bei Herzog Heinrich dem Mittleren von Lüue- burg: er verhieß ihm, daß er dessen erst zehn Jahre alten Sohn zu seinen: Koadjutor und dcreinstigcn Nachfolger machen wolle, wenn Heinrich ihm beistehe: so entschloß sich der Herzog zum Kampfe gegen seine Verwandten von Wolfenbüttel, Kalenberg und Minden, denn anch Bischof Franz war ein Brannschweiger, ein Bruder Heinrichs des Jüngern und Wilhelms: das brauu- schweigische Haus entzweite sich aus Anlaß dieser „ Hildesheimer Stiftsfehde" aufs tiefste vor aller Welt. Was aber die Sache über einen bloß örtlichen Handel hinaushob, das war der Umstand, daß der Lüneburger sich auch an König Franz anlehnte; „sein Glück ist mir lieb, sagte er, sein Unglück ist mir leid; er liege oben oder unten, so bin ich der Seine"; viele waren der Meinung, daß die Schilderhebung des Lüneburgers im letzten Grunde gegen Karls Wahl gerichtet sei und dessen Anhänger dadurch eingeschüchtert werden sollten. Ju der Charwvche machten sich die lüneburgischen und hildesheimischen Scharen auf den Marsch; die Heiligkeit der Festzeit schuf ihnen kein Bedenken; am Charfreitag selbst wurde der Petershagen, ein Schloß des Bischofs von Minden, mit Sturm genommen: man sah Geistliche sich am Kampfe beteiligen, und daß das Schloß fiel, wurde dem Beistande der Gottesmutter zugeschrieben, welche das Marien- ftift zu Hildesheim als seine Schntzherrin verehrte; aus Minden selbst vertrieben, floh Bischos Franz zu seinem Bruder nach Wolfenbüttel. Der weitere Verlauf der Fehde ist so unerfreulich als möglich; Monate lang kommt es zu keinem größcrn Zusammenstoße; auf beiden Seiten hat man es nur auf Sengen und Brennen, auf Verwüstung der Wohnstätteu, Wegführen des Viehstandes, Er-