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Notiz.
Nafaels Lippen wahrgenommen zu haben. Der Jesuit senkte die Angen zu Boden, besann sich kurz und sagte dann tonlos ruhig: Meint Ihr die Gräfin Palmeirim mit Eurer Frage, und wißt auch Ihr von der Versuchung, welcher König Sebastian leider auf kurze Zeit erlegen ist? Auf das Schlachtfeld, auf dem der König einen heiligen Tod als Glaubenskämpfcr gefunden hat, ist die unhcilige Verführerin nicht gelangt! Das wißt im voraus. Der selige Fray Tellez ist in seiner Pflicht nicht säumig gewesen und, dank seinem Zuspruche, hat sich unser junger Herrscher rasch auf sein besseres Selbst besonnen. Schon in Tanger war bei Dom Sebastian der sündige Rausch verflogen, Gräfin Ca- tariua ist auf des Königs Gebot daselbst zurückgeblieben, und wir haben den Trost, daß der König zu den Vorsätzen seiner makellosen Jugend zurückgekehrt war, manchen Tag, ehe ihn Gott zu den Schciarcn der streitbaren Heiligen erhob! Wenn Euch daran liegt, daß Gräfin Palmeirim kein bloßes Schwert blinken gesehen, hinter den festen Mauern von Tanger war sie, glaube ich, sicher genug.
Camoens verspürte eine Anwandlung, den Priester, der so verächtlich- gleichgiltig von Catcirina sprach, an Schultern und Kehle zu packen nnd ihn znr Abbitte zu zwingen. Gleichwohl durchschauerte ihn mit dem Zorne zugleich ein Gefühl plötzlicher Erlösung, durch die dumpfe Enge, die ihn seit Stunden umfangen, drang es wie ein Strom von Luft, er erinnerte sich an Fray Tellez in dem Augenblicke der Abfahrt nnd fühlte, daß der ältere Priester, welcher so ernst gefaßt vor ihm stand, in Bezug auf Catarina die Wahrheit gesprochen habe. Wie schwer auch die Last des Schinerzes noch auf ihm lag, um einen Teil ward ihm leichter, Catarina lebte wahrscheinlich, und sie bedürfte seiner vielleicht mehr deun je, wenn auch anders, völlig anders, als er ehedem geträumt hatte! Er verbeugte sich vor Fray Nafael, dankte kurz für die tröstliche Nachricht, und während er noch vermeinte, die dunkeln, prüfenden Augen der beiden Ordensbrüder auf sich ruhen zu fühlen, stand er schon wieder jenseits der Thorschwelle, mitten auf dem Platze vor dem Profeßhausc, mitten in dem endlosen Jammer uud Getümmel, die gcmz Lissabon erfüllten.
(Schluß fvlgt.)
Notiz.
Das Schauspielertalent der Deutschen. Die bisher unbestrittene Ansicht, daß den Franzosen (und den Italienern) durchschnittlich mehr Begabung für das Theater eigen sei als uns, wird von P. Lindau in seiner Monatsschrift ,,Nord uud Süd" mit dem Hinweis darauf angefochten, daß auf Pariser Bühnen hervorragende Mitglieder mit deutschklingenden Namen uicht selten sind. Angenommen, daß die Träger jener Namen wirklich deutscher Herkunft wären, würde damit natürlich noch wenig bewiesen sein, höchstens, daß auch in deutschen Schauspielern die deutsche Wanderlust und Fähigkeit, sich zn akklimatisircn, steckt was keines Bc-