494
vergießen wäre erspart worden, wenn die Staaten keine Armeen hielten, denn daß König Milan den Fürsten Alexander zum Zweikampf herausgefordert haben würde, ist kaum anzunehmen. Ich kenne Wohl die alte Ausrede, daß ein Land nicht anfangen könne, sich wehrlos zu macheu, während die andern gerüstet bleiben, aber das ist eine leere Ausrede. Zur Zeit des seligen Bundestages — der Zeit der Freiheit, nach welcher sich Herr Liebknecht aus der jetzigen Reichsreaktion zurücksehnt — fürchtete sich niemand vor Deutschland, und dennoch griff es niemand an, denn so schlecht sind die Menschen ja nicht, einen Wehrund Hilflosen zu überfallen. Wer überzieht Mouaco mit Krieg, obgleich es ein rentablerer Besitz wäre als die bewußten Saudlöcher? Und angenommen, ein Ministerium Deroulcdc, das wir ja hoffentlich bald erleben werden, forderte Elsaß und Lothringen zurück, nun so werden wir sie hergeben und als gut evangelische Christen auch die linke Wange, ich meine das linke Rheinufer, dazu. Und was liegt uns daran, ob Posen und Oberschlesien und Westpreußen zu einem deutschen oder einem polnischen Reiche gehören; wenn nur unter dem meißcu Adler Freihandel getrieben werden kann, werden sich ja die Danziger ganz wohl dabei befinden, nicht wahr, Herr Rickert? Wir Übrigbleibenden aber würden ein steuerfreies Dasein führen. Daran verhindert nns der Militarismus. Fiasko!
Von der Sozialreform möchte ich am liebsten garnicht sprechen, denn da ist der Mißerfolg am kläglichsten. Nach vier Jahren des Experimentirens haben noch immer die Reichen das Geld und die Armen nichts, anstatt umgekehrt. Um dem ständigen Vorwurfe zu begegnen, daß die Opposition kein Reform- prvgramm besitze, habe ich mir von einem Manne, der ein warmer Freund der Arbeiter, jedoch völlig unparteiisch und uneigennützig ist, da er in seinem Leben nie gearbeitet hat, seine Forderungen geben lassen. Er sagt: „Wenn ich aufwache, soll ein Geheimerat au meinem Bette stehen, um meine Wünsche wegen des Frühstücks in Empfang zu nehmen und mir später beim Ankleiden behilflich zu sein. Restaurants, Bier- und Kaffeehäuser sollen gehalten sein, mir die vcr- schiednen Mahlzeiten nach meiner Anordnung — natürlich gratis — zu servircn, zur Verdauuugszeit muß eiue Theaterlvge zu meiner Verfügung stehen, den Nachttrunk nehme ich in einem Gasthausc mit weiblicher Bedienung. Eiue Droschke erster Klasse versteht sich von selbst." Nun werden Sie zugeben, meine Herren, daß der Mann nichts unbilliges verlangt, und so lange solche bescheidne Ansprüche nicht einmal befriedigt werden, bleibt nichts übrig als: Fiasko!
Ob in Afrika katholische oder protestantische oder jüdische Missionare ihr Wesen treiben, ist mir, wie Sie denken können, gänzlich einerlei. Da aber auch diese Frage eiue schöue Gelegenheit giebt, der Regierung etwas am Zeuge zu flicken, so bin ich entrüstet, empört über die Ausschließung der armen unschuldigen Jesuiten, und erkläre der Regierung, daß sie auch damit Fiasko machen wird. vixi.