Die beabsichtigten Änderungen und Ergänzungen des Gerichtsverfcissungsgesetzes ic. 85
Wirkliche Reformen bezweckt nun der Entwurf, ohne an den grundlegenden Prinzipien der neuen Justizgesetzgebung zu rühren, namentlich mit Bezug auf die Erleichterung des Geschwornendienstes,
eine anderweite Regelung der Geschäftsbehcmdlung bei den Kollegialgerichten,
die Erweiterung des Kontumazialvcrfahrens, und
die Vereidigung der Zeugen, daneben noch bezüglich einiger untergeordneten Punkte.
Selbstverständlich konnten bei dem Zusammenhange der Justizgesetze unter- einander diese Änderungen nicht auf das Gebiet der Strafprozeßordnung begrenzt werden, machten vielmehr zum Teil auch ein Übergreifen in dasjenige des Gerichtsvcrfassungsgesetzes erforderlich. Prüfen wir diese Neformvorschläge im einzelnen.
Die Erleichterung des Geschwornendienstes wird in mehrfacher Weise beabsichtigt: vor allem sollen eine Anzahl Sachen, welche jetzt dem Urteil der Geschworuen unterliegen, den Landgerichten zugewiesen werden. Aus prozessualeu Gründen soll dies mit Sachen, bei denen Eingeständnis vorliegt, entsprechend dem frühern preußischen Prozesse, geschehen, eine Bestimmung, die naturgemäß ist, da die Geschwornen nur zur Entscheidung der Thatfrage berufen sind, bei vollem, glaubhaftem Eingeständnisse aber diese Frage keiner Entscheidung mehr bedarf; unverständlich ist es nur, daß der Angeklagte hierzu seine Zustimmung geben soll und daß man die Erleichterung nur für diejenigen Verbrechen zulassen will, welche nur mit Freiheitsstrafen auf Zeit bedroht sind. Aus materiellen Gründen soll die Aburteilung des Meineides, der Urkundenfälschung, der Amtsverbrechen und der nach der Konkursordnung strafbaren Verbrechen, welche bisher den Geschwornen zustand, diesen entzogen und den Landgerichten überwiesen werden, weil dabei teils schwierige Rechtsfragen beurteilt, teils bedeutende thatsächliche Materialien beherrscht werden müssen, was von Geschwornen nicht leicht geleistet werden könne. Freilich enthält diese Bestimmung eine Verurteilung der Schwurgerichte, wie man sie sich kaum stärker denken kann; dennoch wird sich jeder, der nicht mit der Geschwornenbank den Begriff einer besondern Erleuchtung, einer Quasi-Jnspiration verbindet, nur dafür erklären können, da nichts mehr geeignet ist, das ganze Institut der Geschwornen zu untergraben, als die Überweisung von Sachen zur Aburteilung an dieselben, denen sie nicht gewachsen sind. Wer, wie der Verfasser dieses Aufsatzes, überhaupt gegen die Geschwornen ist, muß sich natürlich über jede Maßregel freuen, welche zur Einschränkung derselben führt. Von diesem Gesichtspunkte aus muß auch der Satz der Begründung hervorgehoben und dem Gedächtnis empfohlen werden, daß die seit dem ersten Oktober 1879 von den Vorsitzenden der preußischen Schwurgerichte erstatteten Berichte eine erhebliche Anzahl von Fällen anführen, in denen die Wahrsprüche der Geschwornen als offenbare Fehl-