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Eine neue Schillerbiographie.
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676 Line neue Schiller-Biographie.

Jngendgeschichte bis zu der am Jnbilatesvnntag des Jahres 1781 erfolgten ersten Ausgabe derRäuber" erzählend.Das Werk müßte fertig sein, sagt Lessiug einmal in einem ähnlichen Falle, wenn man von der Ökonomie desselben urteilen wollte"; man müsse abwarten, wie der Schriftsteller sich aus dem La­byrinth herausfinden werde. Weltrich selber bittet die Kritik, über den Plan seiner Arbeit nicht nach dem vorliegenden Bruchstücke zu urteilen, sein Buch sei als ein Ganzes gedacht:die Verteilung des Stoffes kann sich erst, wenn das Ganze vorliegt, vollständig rechtfertigen; manches, dessen Aufnahme viel­leicht auf den ersten Anblick befremdet, wird als Teil des Gesamtplanes nach und nach erst sich erklären." Nicht viel mehr als der Unterbau zu dem Denk­mal Schillers ist in den vorliegenden vierundeiuhalb Kapiteln gegeben: Ge­burt und Elternhaus (S. 1^-35); Heimat und Kindheit (S. 3682); Herzog Karl und seine pädagogischen Schöpfungen (S. 83140, bereits iu den beiden ersten Heften der CottaschenZeitschrift für allgemeine Geschichte" 1885 ab­gedruckt); Schiller als Zögling der herzoglichen Militärakademie (S. 141330); Schiller als Regimentsmedikus in Stuttgart; dieRäuber" (S. 331384); die Gedichte der Anthologie; Schillers Flucht.

In der kurzen Zeit, seit welcher die erste Lieferung von Weltrichs Arbeit vorliegt, ist bereits ein spöttischer Tadel gegen den Inhalt des zweiten Kapitels laut geworden. Gerade in dem AbschnitteHeimat" tritt uns Weltrichs eigen­artige Vehandlungsweise im Gegensatze zu den frühern Biographen entgegen. Von der Familie des Dichters geht Weltrich im ersten Kapitel aus; der väter­liche Stammbaum Schillers läßt sich bis 1587, der mütterliche bis 1640 zurück­verfolgen. Von Vater und Mutter werden scharfumrissne Charakterbilder ent­worfen. Nachdem aber schon im Anfang (S. 16) hervorgehoben worden, daß Marbach, die Heimat der Mutter des Dichters, au der Grenze der schwäbisch­fränkischen Mischnngszone" gelegen sei Markbach (Grenzbach) war der ur­sprüngliche, auf fränkische Gründung hinweisende Name des Städtchens, läßt sich der Verfasser im folgenden zu eiuer weitausgreifenden Untersuchung der Stammesart vvn Schillers Heimat verleiten. Er ist sich dieser Digression selber völlig bewnßt,denn die vorliegende Biographie möchte überhaupt auf Art und Erscheinen des deutschen Vvlkstums, wo immer ein Anlaß gegeben ist, Bezug nehmen." Die literarischen und anderweitigen Einflüsse, welche bestimmend auf die Entwicklung unsrer Dichter und Denker eingewirkt haben, zu untersuchen, ist längst für den Biographen Regel geworden. Sind aber nicht auch viel tiefcrliegende, von der Natur gegebene Einflüsse wahrzunehmen nnd so viel als möglich darzulegen? Während die große Masse unsers Volkes in ge­wöhnlichen Zeiten nur allzugern sich einer charakterlosen Philisterhaftigteit er­giebt, treten in unsern großen Männern, wie sie in gleicheigentümlicher Weise und Erhabenheit eben nur Deutschland zu alleu Zeiten erzeugt hat, die dnrch keine internationale Kulturverflachung vertilgbaren großen Charakterzüge ger-