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Die Mode im alten Griechenland.
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Die Modo im alten Griechenland.

auch noch Abwechslung in der Art, sein Haar zu tragen und vom Friseur sich stutzen zu lassen, gekannt hätte: es werden nns eine ganze Anzahl Namen solcher Haarschnitte genannt:der Garten" hieß der eine,der Nachen" ein andrer; aber wir wissen nicht, wie die beschaffen waren, weil die Denkmäler uns keinen Aufschluß darüber geben. Höchst wahrscheinlich waren es anch wesentlich nur Stutzer, welche auf dergleichen Dinge Wert legten.

Einen ähnlichen Wechsel der Mode hat auch die Barttracht im griechischen Altertume durchgemacht. Die homerische,: Gedichte geben uns hierüber aller­dings keinen direkten Aufschluß; wohl aber, wie Helbig nachgewiesen hat, einen indirekten Fingerzeig. Bei Homer wird in einem allbekannten Gleichnis das Schermesser erwähnt. Da nun die Achäer lange Haare trugen und jedenfalls nicht glatt rasirt zu denken sind, so fragt es sich, wozu sie denn eigentlich sich des Schermessers bedienten. Hier hat denn Helbig durch den Hinweis auf Analogien in ägyptischer »nd phönikischer Sitte, die ja auf die ältere hellenische Kultur von bedeutendem Einflüsse gewesen ist, sowie durch Heranziehung alt­griechischer Denkmäler es durchaus wahrscheinlich zu machen gewußt, daß die Jonier der homerischen Epoche, ebenso wie in alter Zeit auch die Dorier es thaten, sich die Oberlippe rasirten. Freilich wäre dieser Periode noch eine ältere vorausgegangen, welche diesen Brauch nicht kannte: denn die in mykenischen Gräbern gefundenen Gvldmasken zeigen Schnnrrbärte, und zwar ist derselbe an den besterhaltenen Exemplaren so behandelt, daß der Gebranch einer haarstci- fendcn Pomade, sowie ein künstliches Beschneiden des Schnurrbartes augenvmmen werden muß.

Die Denkmäler lehren nns weiter, daß die Sitte, sich die Oberlippe zu rasiren, anch noch ziemlich weit in die folgenden Jahrhunderte hinein sich er­halten hat; doch ist sie nicht die ausschließlich herrschende, es kommt daneben auch voller Backen-, Kinn- und Schnnrrbart vor. Daß man in jener Zeit, wo man für.das Kopfhaar die künstlichen Frisuren ersann, auch der Pflege des Bartes große Sorgfalt widmete, ist selbstverständlich; nicht nur, daß man ihn regelmäßig, und zwar meist in spitzer Keilfvrm, Verschnitt, man schnitt auch an einzelnen Partien, namentlich zwischen Unterlippe und Kinn, das Barthaar kurz, sodaß eine so behandelte Stelle sich wesentlich von dem Gelock des übrigen Bartes abhob; man kräuselte den Schnurrbart und drehte ihn in Bogen nach oben; ja wenn man den archaischen Denkmälern auch darin Glauben beimessen darf, so möchte man vermuten, daß sogar das Brenneisen nicht selten zur künst­lichen Lockenordnung des Bartes hat dienen müssen. Eine ganz freie, allen Zwanges ledige und dabei doch maßvolle Barttracht tritt erst gleichzeitig mit der entsprechenden Behandlung des Kopfhaares in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts auf. Vvu da überließ man den Bart zwar nicht ganz seinem natürlichen Wachstum, verschnitt ihn vielmehr in einer dem Oval des Gesichts entsprechenden Form, anstatt der früher allgemeinen Keilform; wohl aber ver-