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Analekten zur Geschichte der neueren deutschen Kunst : 3. Chodowiecki an Nicolai.
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Gesinnung drucke» zu lassen. Hierauf deutet schou die Einleitung uud der Schluß hm, die er dem Schreiben zu kurzer Erläuterung beigegebeu hat. Ju seinemLeben Friedrich Nieolais" erzählt Göckingk, daß er Nieolais Nachlaß zum Teil durchgesehen habe, er gedenke, ucich und nach das Interessanteste aus Nieolais Korrespondenz in einem der periodischen Blätter bekannt zn machen. Wahrscheinlich wird er bei dieser Gelegenheit auch auf den in Rede stehenden Brief Nieolais gestoßen sein, und da Vöttiger damals (1819) auf eine große Anzahl von Zeitschrifteil einen weitgehenden Einfluß ausübte, lag es nahe, ihm die Abschrift zur Veröffentlichung zu übersenden, zumal da Göckingk mit Böttiger persönlich bekannt war und wiederholt für die nnter seiner Leitung stehenden Journale gearbeitet hat. Böttiger hat jedoch die Arbeit Göckingks uuter seinen Papieren verschwinden lassen, ohne sie zum Druck zn befördern; wenigsteus ist es mir nicht gelungen, ausfindig zu machen, daß dieser Brief Chodvwieekis irgendwo gedruckt sei. Auch Engelmaun hat ihn nicht gekannt, da er ihn sonst in seinen sorgfältig gearbeiteten Literaturangabcn verzeichnet haben würde. Gegen die Annahme, daß Böttiger Göckingks Wunsche nachgekommen sei, spricht auch die Beschaffenheit des Manuskriptes, das völlig sauber aussieht, also gewiß nie in Setzerhänden gewesen ist.

Warnm Böttiger sich nicht entschlossen hat, den Brief zu veröffentlichen, darüber kann man nur Vermutuugeu haben. Wüßte man sonst von ihm, daß er in diesen Dingen zartfühlend gewesen, so läge die Vcrmutuug nahe, daß er Rücksicht auf Nicvlai habe walten lassen, mit dem er in vertrautem Briefwechsel stand. Wir wissen jedoch aus andern Fallen zur Geuüge, daß Böttiger der­artige Bedenken nicht kannte.

Wie dem anch sei, Chodvwieekis Schreiben an Nieolcn verdient jedenfalls der Vergessenheit entrissen zu werden. Wer mit uns der Ansicht ist, daß znr Würdigung eines Künstlers auch die Kenntnis seines Charakters und seiner Lebensanschauungen gehöre, der wird nicht ohne Interesse den Beteuntnisscu eines Mauues folgen, dessen künstlerische Eigenschaften längst genügend dargelegt worden sind, von dessen menschlichem Wesen wir aber uvch wenig wissen.")

Unser Abdruck giebt genau Göckingks Manuskript wieder, ist aber mit dem Originale, das gegenwärtig mit den übrigen Schreiben Chodowieckis au Nieolai iu der königlichen Bi' bliothck zu Berlin verwahrt wird, verglichen worden. Göckingk hat sich znr Veröffentlichn»!; nur wenige Änderungen erlaubt, die den Sinu in keiner Weise berühren, uud hat die Ortho­graphie Chodvwieekis, welche durchaus willkürlich ist, einheitlich nach den für seine Zeit gil- tigeu Regeln gestaltet, sodass os in diesem Falle angebracht zu sein scheint, einmal die Ab­schrift und nicht das Original bei der Veröffentlichung zn gründe zu lege». Übrigens ist unser Brief weitaus der bedeuteudste uud zugleich auch der umfangreichste nnter den fünfzehn Briefen Chodvwieekis, die sich in Nieolais Korrespondenz befinden. Die übrigen sind zum Teil uur kurze Billets und rein geschäftlichen Inhalts. Am wertvvllsteii dürften unter ihnen diejenigen sein, welche Verzeichnisse der von Chodvwiecki in verschiedenen Jahren ausgeführten Arbeiten enthalten. Chvdowiccki teilte dieselben Nieolai mit, damit sie dieser in derAllge-