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Ungehaltene Reden eines Nichtgewählten. 4.
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Ungehaltene Reden eines Nichtgewählten.

4.

ine der bedauerlichsten Erscheinungen unsrer Tcige ist die, daß nie­mand mehr einen Spaß versteht. Vormals galt es, wie wir noch in der italienischen und französischen Komödie sehen, für einen ge­mütlichen Scherz, einem einen Schlag ans den Bauch zu ver­setzen uud als Antwort einen Fußtritt zu erhalten; oder man zog einem den Stuhl nuter dem Leibe weg, sodaß er sich etwas unsanft auf den Boden sehen mußte, und darüber lachten alle herzlich, handelnde Personen und Zuschauer. Aber heute ist alles so überfeinert und nervös uud empfindlich, daß man bald nicht mehr wird wagen können, einem Kinde das, was es gern haben möchte und man ihm ja auch gebcu möchte, schäkernd vorzuenthalten. Wie falsch eine solche Schäkerei aufgefaßt werden kann, lehren uns die Folgen des 16. Dezember. Wer hätte soviel Aufhebens wegen einer harmlosen Neckerei, wie gute Freunde sie sich gegenseitig erlauben dürfen, für möglich gehalten! Betrachten Sie einmal Männer wie den Abgeordneten Meyer (ich sage nicht Alexander Meyer, weil ich mich vom preußischen Landtage her erinnere, daß er das nicht gern hört), der seiner Gesundheit etwas schuldig zu sein glaubt, oder den Abgeordneten für Rüdesheim-Neroberg, ich wollte sagen: für Leisnig, unsern nllverehrteu Karl Braun, und dann sagen Sie selbst, ob so die Männer aussehen, welche im Erust eiueu Beschluß fassen würden, von dem sie voraus­setzen mußte», er werde die Nation empören? Ich frage Sie, weuu im Tier­garten am hellen lichten Tage ein guter Bekannter mit den Worten: I^i. donrsg on lu. vw! ans Sie zutritt, werden Sie sofort znm Revolver greifen oder nach der Polizei rufen? Und eine andre Bedeutung hat ja der Beschluß vom Dezember ganz und gar nicht, in der dritten Lesung wird alles be­willigt werden. Wozu wäre auch die dritte Lesung auf der Welt, wenn schon in der zweiten alles in Richtigkeit gebracht würde? Eine parlamentarische Berscunmlnng befindet sich da manchmal iu der Lage eines Porträtmalers, der die Angehörigen des Pvrtrcitirten znr Besichtigung des Bildes einlädt und »ach deren Wunsche die grünen Augen blau, den knpferigeu Teint rosenrot macht, die Ohren kürzt n. s. w. Aber diesmal liegt die Sache nicht so. es be­darf keiner Kritik und keiner Belehrung, man war ja von vornherein ent­schlossen, die ominösen 20 000 Mark zu bewilligen, nur später, die graziöse