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Der Buchdruck vor Gutenberg.
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Der Buchdruck vor Gutenberg.

von Richard Muth er.

s giebt wohl kaum einen Zeitraum in der Weltgeschichte, in welchem folgenreichere Umwandlungen vor sich gegangen wäre», als im fünfzehnten Jahrhundert. Das fünfzehnte Jahrhundert ist die Zeit der Entdeckungen und Erfindungen, die Zeit, wo durch die Auffindung Amerikas und des Seeweges nach Ostindien dem abendländischen Handel neue Bahnen eröffnet wurden, wo durch die Er­findung der Ölmalerei der Boden urbar gemacht wurde, auf dem die neuere Kunst ihre höchsten Triumphe feiern konnte, die Zeit endlich, wo infolge der Erfiudung der Bnchdruckerkuust ein nener Abschnitt auch im Geistesleben der Völker begann. Wie jede andre Erfindung ist aber auch die Bnchdruckerkuust nicht mit eincmmale fertig aus dem Kopfe ihres Erfinders hervorgegangen, im Gegenteil, der alte Satz: I^illil in imtwA xsr sAltuni läßt sich auf keine andre besser anwenden als auf sie.

Schon lange bevor Gutenberg geboren wnrde, hatte ein allerdings noch planloses Bedürfnis nach Belehrung alle Klassen des Volkes ergriffen. Während der Bücherbesitz im Mittelalter nur das Vorrecht der Begüterten gewesen war, regte sich jetzt die Leselust auch unter den Armen und machte den Wunsch nach einer bequemere», mehr fabrikmäßigen Vervielfültigungscirt der Bücher rege. Diesem Bedürfnis kam der Holzschnitt entgegen. Man hatte schon früh den gewebten Stoffen ornamentale und figürliche Darstellungen als Ersatz für gestickte oder eingewebte Ornamente durch hölzerne Model aufgedruckt. Vom Zeugdrnck war man znm Papierdruck fortgeschritten und hatte Heiligenbilder, Spielkarten, Neujahrswünsche durch Holzschnitt hergestellt. Und so kam man naturgemäß auf den Gedanken, von einzelnen Heiligenbildern znr Darstellung ganzer Geschichteu iu einer Reihe vieler Blätter überzugehen. Die Hauptsache wurde im Bilde und die notwendigste Erklärung in Schrift dargestellt und das Gauze durch den Druck vervielfältigt. Man bestrick) die Form mit einer aus Lampeuruß und Öl gemischten Druckerschwärze, legte das befeuchtete Papier darauf und fuhr mit einem mit Pferdehaaren ausgestopften Lederballen, dem Neiber, darauf hin und her, sodaß die Umrisse der Figuren und Buchstaben sich in das Papier eindrückten. Da auf diese Weise immer uur die eine Seite eines Blattes bedruckt werden konnte, klebte man dann, nm fortlaufende Bücher­seiten zu erhalten, je zwei Blätter mit der Rückseite zusammen. Anfangs war