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Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Preußen.
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Die verwaltungsgorichtsbarkeit in Preußen.

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nicht an die richtige Thür gekommen sei, daß er kostenpflichtig abgewiesen werde und nun sein Heil bei dem Verwaltungsgerichte versuchen möge; nnd ebenso umgekehrt, wenn ihn der Verwaltungsrichter abweist mit demAnheimstellen," sich an den Amtsrichter oder au eine andre Behörde zu wenden, weil über die betreffende Frage derordentliche" Richter, beziehungsweise die Aufsichtsbehörde oder sonst eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden habe. Dabei kommt es denn auch vor, daß sowohl der Amtsrichter als der Verwaltuugsrichter oder sonst eine der vielen Behörden sich für zuständig oder für unzuständig erklären, und dann beginnt ein Verfahren zur Eutscheidung diesesKompetcnzkonfliktcs," um mit einem bewundernswürdigen Aufwand von Scharfsinn und Gelehrsamkeit alleiu die Vorfrage zur Erledigung zu bringen, an welcher Thür der Nechtsucheude anklopfen müsse, um überhaupt erst iu die Lage zu gelangen, daß über seine Angelegenheit ein Urteil gefällt werde. Dann erst beginnt der eigentliche, wirk­liche Jnstcmzenzug bis hinauf zum Reichsgericht oder dem Bundesamt für das Heimatswesen oder dem Oberverwaltungsgerichte, dem Oberlandeskulturkollegium, und wie sonst diese höchsten, sämtlich mit richterlichen Qualitäten ausgestatteten Behörden alle heißen mögen. Hierüber wird denn vielfach (und wohl auch nicht mit Unrecht) geklagt, und es ist denkbar, daß schon manchem Rechtsbediirf- tigeu während der Suche nach dem zuständigen Richter die Neigung vergangen ist nnd auch die Mittel ausgegangen sind, den eigentlichen Prozeß anzu­fangen.

Zwar find die durch die Vielgestaltigkcit der Gerichtsbehörden und durch dieKompetenzsuche" verursachten Härten dadurch bereits gemildert, daß weder Kostenpauschquantum noch baare Auslagen erhoben werden, auch eine Erstattung der den Parteien erwachsenden Kosten nicht stattfindet, wenn sich in derselben Sache die zur Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren berufene Behörde uud eine andre Verwaltungsbehörde für zuständig oder für unzuständig erklären, worüber das Oberverwaltungsgericht entscheidet. Zwar ist das Verfahren bei dem Gerichtshofe zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte und bei den Konflikten in Disziplinarsachen gebühren- und stempelfrei, auch werden baare Auslagen nicht erstattet und eine Erstattung der den Parteien erwachsenden Kosten findet nicht statt, auch sind diese Bestimmungen auf die Konflikte zwischen den ordentlichen Gerichten und den Auseinandersetzungsbehörden anwendbar. Allein einerseits enthalten diese Vorschriften ein Anerkenntnis der beklagten Härten, andrerseits erwachsen doch noch Kosten in den unteren Instanzen, und der mit derKvm- petenzsuche" verbundene Zeitverlust ist garnicht zu ersetzen.

Diese Übclstände empfindet aber keineswegs allein der Laie, sondern auch Nechtscmwälte und Richter zerbrechen sich die Köpfe, bevor sie zu einem Ent­schlüsse über die Zuständigkeit dieser oder jener Behörde gelangen; und dick­leibige Bücher liefern den Beweis, in welchen Kompetenzschmerzen sich selbst hochgelehrte Männer zu winden haben (vergl. z. B. das vortreffliche Werk von