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Das Finale dieses Aktes ist der Situation nach mit dem des ersten sehr verwandt. Wagner hat aber seine Steigerung zn finden gewnßt nnd dein Schlüsse des Ganzen einen lebhafter bewegten Charakter gegeben. Die Chöre der Ritter, welche auf den Amfortas eindringen, nnd Amfortas' verzweifelte Einreden geben eine gespannte dramatische Situation, welche von der Musik ausgezeichnet unterstützt wird. Die Chöre haben einen kurzen, tumultnarischeu Charakter, die Partie des Amfortns ist für die Momente der Verzweiflung jedenfalls befser als im ersten Akte erfunden nnd, wenn auch ohne eigentliche Inspiration, doch mit musikalischem Bemühen geschrieben. Schon ist die Stelle, wo Amfortas den Leichnam des Vaters im geöffneten Sarge erblickt. Da stimmt das Orchester eine überwältigende Klage nn und bleibt im Znge. Es steigert sich bis zu der Stelle, wo der Sohu zum toten Vater betet: „Einz'ge Gnade," die zu den innigsten, wärmsten Bestandteilen nicht bloß des „Parsifal," sondern des gesammten Opernschatzes gehört.
Nachdem Pnrsisnl das Amt übernommen, schließt das Werk rasch, mit frommen Klängen und stimmungsvoll.
Wir schließen unsern Bericht über das Bühnenweihfestspiel mit dem kurzen Resümee, daß der „Parsifal" vieles große nnd eigentümlich bedeuteude enthält. Er ist namentlich durch lyrische« Neichtnm ausgezeichnet. Aber er legt auch die Schwächen der Wagnerschen Knnst in einer größeren Offenheit bloß, als dies in den Werken der Fall ist, welche dem „Parsifal" zunächst vorangehen.
Was die Ansführuug betrifft, so war sie uicht bis zum höchsten Grade nnd in allen Pnnkten musterhaft und vollendet, jedoch in Anbetracht der Schwierigkeit des Werkes änßerst lobenswert. Zu der Vorstellung des „Nibelnngenriuges" waren die Vorbereitnngen vielleicht eingehender gewesen, nnd wir glauben, daß damals eine größere uud allseitigere Reiuheit des Stiles in der Darstellung erzielt worden ist. Diesmal waren einzelne Repräsentanten nicht ganz frei von den Gewohnheiten der Schablone. Selbst die beiden Darsteller des Parsifal, welche wir sahen, die Herren Winkelmann und Gndehns, blieben in der eigentlich künstlerischen Darstellung, der mimischen wie der höhern musikalischen, ans einer ganz bescheidenen Stufe stehen. Die Knndry wurde, soweit sie als verwildertes Wesen aufzutreten hat, von Fräulein Brandt mit großer Genialität repräsentirt. Die beiden Künstler, welche die Ehre des deutscheu Säugertums bei dieser Gelegenheit in vollem Maße vertraten, waren die Herren Karl Hill und Emil Searia. Schade, daß der erstere aus die undaulbare Partie des Klingsor beschränkt war. Über die Leistungen der Chöre haben wir unsre Bemerkung schon abgegeben. Das Orchester der Münchener Hoskapelle, nnter der Leitnng Hermann Levis, zeigte das Streichquiutett als seineu bessern Teil.
Grciizbvteu UI, Z882,
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