Bakchen und Thyrsosträger,
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und nicht minder als sie die Seherknnst von dem Gebieter zu haben und nicht mißmutiger als sie vom Leben mich zu trennen.
Der Vater nickte mit dem Kopfe und drückte ihm die Hand. Thränen kamen ihm in die Augeu, die doch so viel Leid nnd Not unbewegt gesehen hatten.
Siehst du, lieber Vater, fuhr Ephraim fort, es scheint mir beachtenswert zu seiu, das; die Organe, mit welchen wir unmittelbar Gott empfinden, leiblich über den andern liegend angeordnet sind. Jesns nannte diejenigen selig, welche nicht sehen und doch glauben. Mich dünkt, er hat damit die Menschen gemeint, welche nicht auf dem Wege des Verstandes, sondern mit dem Gefühl das Rechte ergreifen, das heißt, wenn wir phreuvlogisch sprechen wollen, diejenigen, bei welchen die Organe der Liebe zn Gott uud den Menschen vorwiegend entwickelt sind. Meinst dn nicht mich, daß diese die edelsten sind?
Wenn ich bedenke, sagte der Vater, daß allerdings die größten nnd segensreichsten Thaten der Menschen dem Enthusiasmus ihren Nrsprnng verdanken, uud daß es nicht die berechnende Klugheit, sondcru die aufopfernde Hingabe an die Idee uud die Begeisterung für das Schöne sind, welche die Geschicke der Völker leiten, so mnß ich dir wohl zustimme». Es ist ganz richtig, daß die Organe, welche diesen Eigenschaften entsprechen, zn vberst liegen.
Es ist mir dadurch ein Gedanke gekommen, der dir vielleicht phantastisch klingen wird, der für mich aber die Kraft der deutlichen Nuschauuug hat, sagte Ephraim. Ich sehe unsre Erde, das Sonnenkind, nach dem Lichte der Mutter dürstend und vvu ihrem Lichte lebend, im Kreislauf um die Sonne spielen. Durch deu Weltraum mit geneigter Axe dahinrvllend, ist sie immer bestrebt, die Strahlen der Mutter allen Teilen ihres Niesenleibes in größter Fülle zuzuwenden, uud die Gottheit ordnete ihr des Lichtes halber ihre feinsten Orgaue nicht im Innern, sondern auf der Oberfläche an. Ihre Pflanzen, ihre Tiere, ihre Menschen, das sind ihre feinsten Organe, uud ich sehe, wie sie vom Lichte leben. Wie sich die Erde der Souue zukehrt im Rundtauz, erwacheu sie zum Leben, und wie sie sich ablehrt nnd das Dunkel sie umhüllt, schlafen sie ein. Unter diesen feinsten Organen der Erde aber sind die Menschen wiederum das edelste von allen. Entsinnst dn dich des Bildes der Dnphne, wie sie, mit den Füßen festwurzelnd, die in Zweige sich verwandelnden Hände gen Himmel streckt? Der Künstler hat wohl bei Darstellung dieser Meuscheupflauze den ahnungsvollen Blick in die Geheimnisse der Schöpfnng versenkt, deuu er scheint jenen Banin abzubilden, den das Ncrvengeflecht darstellt, indem das Rückenmark deu Stamm, das Gehirn die Krone mit ihren Blüten nnd Früchten, die Nerven aber die Wnrzeln uud Zweige vorstellen. Und ich denke, daß ja wohl anch nnsre Oberfläche, nämlich unsre Haut, bedeutungsvoll für unsre Bildung ist als das allgemeine Ganglion der zn Staunn uud Kroue leitenden Nerven, welches, von Licht uud Luft genährt, das Gehiru mit seiner feinsten Speise versorgt. So ist denn das menschliche Gehirn die Krone der irdischen Schöpfnng, und Gn'nztwU'n 1U. 1882. 24