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dies fordert schon die Verehrung.*) Da nun Ultramarin die schönste und kostbarste Farbe ist, so zögern wir nicht, diese Farbe zu wählen. Und in der That wäre es auch unerhört, eine Maria ohne blaues Gewand. Mir wenigstens ist außer der Dresdener Madonna Holbein's kein Beispiel bekannt, wo etwa ein grüner Mantel vorkäme. **) Auch ist es bezeichnend, bei Cennini ein Recept zu finden mit der Ueberschrift: Ein Gewand mit Azurro della Magna oder Ultramarin einen Mantel unserer lieben Frau zu machen. Dem hier angegebenen Verfahren folgend mischen wir Ultramarin mit Leim und geben zwei oder drei Lagen. Die Falten werden mit Dunkelblau aus Jndaco und Schwarz eingezeichnet und wohl vertrieben, die Fläche unter dem Knie und die Kämme der Falten werden mit Weiß aufgesetzt und der Mantel ist fertig — aber „mache so wenig als möglich Falten, weil der Azzuro oltramarino die Nachbarschaft anderer Gemische nicht liebt".
Ebenso werden auch die anderen Gewandpartien hergestellt, indem man einen mittleren Localton auflegt, der durch eine helle und eine dunkle Farbe erhöht und vertieft wird, ganz so, wie man mit zwei Kreiden auf Tonpapier arbeiten würde.
Denken wir uns noch zwei Engel rechts und links des Baldachin schwebend, indem der eine vielleicht eine Lilie, der andere ein Gefäß — beides Symbole der Jungfräulichkeit — in Händen trägt, so kommt es nicht darauf an, daß beide die Füße so hoch haben, als stürzten sie vom Himmel herab. Die Gewänder mit reichen bauschigen Falten müssen nothwendig schillernd, etwa fleischfarben mit grünen Schatten oder Goldfarbc mit roth gemalt werben. Es ist dies nicht ein müßiges Spiel der Phantasie wie Kugler (II. 469.) von Dürer'schen Figuren zu glauben scheint, sondern stellt ein seidenes Gewand von damaliger Modefabrikation dar, dessen Einschlag anders gefärbt war als die Kette, wodurch jenes Schillern hervorgebracht wird, das man freilich auch als eine willkürliche Scbattengebung auffassen könnte.
Um unser Bild zu vollenden, bedecken wir den Fußboden mit Gras und Kraut, indem wir sorgfältig Halm bei Halm und Blume bei Blume setzen, auch wohl einige größere Buschpartien mehr stylisiren als natürlich darstellen. Als Farbe dient eine Mischung von Azzuro della Magna und Neapelgelb, indem die Lichter Mit reinem Gelb ausgesetzt werden.
*) Ccnnim (Trakt, c. St!) gibt den Rath- „nach Kräften immer mit feinem Golde die Zierrathen zu machen und guter Farben sich zu bedienen, vorzüglich bei der Figur unserer lieben Frau/'
Seit der Holbein-Ausstellung i. 1.1871 ist vielfach behauptet daß das dresdner Exemplar Copie des Darmstädter ist. Hier zeigt sich dann die grüne Farbe als ein Mißverständniß des Kopisten, da die Farbe des Originals Nzzurro dello Magna ist, welche unter dem vergilbten Lack als Grün erscheint.