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Julian Schmidt's Geschichte der französischen Literatur seit Ludwig XVI.
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Trunkene will mehr, als er kann, und so giebt sich die scheinbare Kraft in der Gewalt des Hasses aus; das Leben wird schaal und ekel, die Lust des Herzens richtet sich aufs Zerstören. In solchen Zeiten hören die Dichter auf, andere Helden zu besingen, sie sind ausschließlich ihr eigner Gegenstand."

Es herrschte in der Periode von der Revolution bis zur Restauration ein reicheres und bewegteres literarisches Leben in Frankreich, als wir in Deutschland, wo diese Periode im Ganzen sehr wenig bekannt ist, gewöhnlich annehmen. Die Keime fast aller Richtungen, die sich in der Restauration, dem zweiten goldenen Zeitalter der französischen Literatur zu reicher Blüte entfalten, finden sich schon in der napoleonischen Periode, durch deren mei­sterhafte Schilderung sich der Verfasser gerade für uns Deutsche ein nicht genug anzuerkennendes Verdienst erworben hat. Es ist selbstverständlich, daß sich die Darstellung des Verfassers mit besonderer Ausführlichkeit auf die großen Erscheinungen (Chateaubriand, Frau v. Stael, B^ranger u. s. w.) concentrirt, aber auch den minder hervorragenden Erscheinungen, die sich theils um sie gruppiren, theils ihre eigenen Wege gehen, wird die sorgfältigste Be­handlung zu Theil. Sehr anziehend ist es auch, das erste literarische Auf­treten der Personen, die uns in der folgenden Periode als Meister und Re­präsentanten gewisser Schulen und Richtungen der Literatur entgegentreten, in ihren Anfängen kennen zu lernen. Mit Recht hebt der Verfasser daher die außerordentliche Wichtigkeit dieser Periode für die innere Entwicklung des geistigen Lebens Frankreichs hervor.In ihr wurden ohne Ausnahme alle die Ideen, Bilder, Empfindungen und Träume ausgebeutet, die in der späte­ren Literatur in die Erscheinung traten. Die Guillotine der Schreckenszeit und der sieggekrönte Adler des kaiserlichen Regiments, das waren die be­wußten oder unbewußten Motive der späteren Romantik."

Wir scheiden von dem ersten Bande des ausgezeichneten Werkes mit dem lebhaften Wunsch, daß der Herr Verfasser uns recht bald mit der Fort­setzung, welche die Blütezeit der neueren französischen Literatur (18181848) umfassen wird, beschenken möge. Georg Zelle.

ZUM Heoächtmsz an Joseph Streiter.

Am 11. Juli ist in Bozen Joseph Streiter, einer der ältesten Mitarbeiter der Grenzboten, in hohem Alter verschieden. Seine gediegenen Berichte über Oesterreichische Zustände, vornehmlich seine Schilderungen vom tiroler Landtag haben in Deutschland stets hohes Interesse, in Oesterreich großes Aufsehen erregt; sie sind von den Liberalen Oesterreichs um ihres rückhalt-