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hinsichtlich der reichsländischen Gesetzgebung zugestanden worden ist, als eine Fortsetzung der Dictatur. Mit ganz demselben Namen aber hätten sie es belegt, wenn diese Befugniß versagt und der Erlaß jedes einzelnen Gesetzes an' die voraufgegangene Zustimmung des Reichstags gebunden worden wäre; alle die einschmeichelnden Bemühungen der Ultramvntanen in dieser Richtung waren verlorene Liebesmühe. Nur die Uebertragung der Partikulargesetzgebung an eine elsaß-lothringische Landesvertretung wird in den Augen der reichsländischen Bevölkerung dem Zustande der Dictatur ein Ende bereiten. Desto erfreulicher, daß diese Eventualität von der Neichsregierung unzweifelhaft in's Auge gefaßt ist, daß es wenigstens gelegentlich jener Debatten von ihr ausdrücklich hervorgehoben wurde, wie sie die Neichscompetenz in der elsaß- lothringischen Landesgesetzgedung nur als ein je eher je lieber zu beseitigendes Provisorium betrachte. Daß man sich über die Art und Weise des Definitivums in Berlin heute noch nicht klar sein kann, ist für jeden billig Denkenden selbstverständlich. Eine Möglichkeit der Gestaltung desselben aber, nämlich das von Miquel erwähnte Aufgehen Elsaß Lothringens in einen andern deutschen Staat, ist angesichts der heute vorliegenden Wahlresultate von vornherein auszuschließen. Die von Bismarck aufgestellte Maxime, an das Provinzialgefühl der Elsässer anzuknüpfen, hat gute Früchte getragen; uolems voIenZ wird man auf dieser partikularistischen Basis wei- terbauen müssen.
Mit entschiedenem Beifall ist die Ablehnung jener Bestimmung zu begrüßen, nach welcher die nicht ausgewanderten Optanten auch von der Berechtigung zur Theilnahme an den Reichstagswahlen bis zur offiziellen Zurücknahme ihrer Optionserklärung ausgeschlossen bleiben sollten. Dieselben Gründe, welche Petersen gegen sie ins Feld führte, haben wir seinerzeit gegen die obenerwähnte gleichlautende Vorschrift des Gesetzes vom 24. Januar geltend gemacht. Mag immerhin damals die Maßregel wegen der vielfach noch ungeklärten Optionsverhältnisse ein nothwendiges Uebel gewesen sein, im März des nächsten Jahres könnte sie nur als eine gouvernementale Raneüne gegen die Scheinvptanten ausgelegt werden. Freilich geht mit der Beseitigung dieser Bestimmung die Möglichkeit verloren, aus dem gegenwärtigen Wahlresultat auf den Ausfall der ersten Neichstagswahlen zu schließen; denn in ihnen werden diejenigen, welche bis jetzt ihre Option nicht zurückgenommen haben, als neues und wahrscheinlich vorwiegend der Opposition zu gute kommendes Element auftreten. Dasselbe würde sich nur dann annähernd in Rechnung bringen lassen, wenn eine amtliche Zusammenstellung der Optionszurückziehungen vorläge. Jedenfalls aber wird der Wahlkampf im nächsten Frühjahr nicht so leicht ausgefochten werden, wie es eben geschehen. Umso- mehr wird es alsdann Pflicht der eingewanderten Deutschen sein, sich besser zu rühren, als sie es diesmal gethan. X-
Mit Juli beginnt diese Zeitschrist ein neues Halbjahr, welches durch alle Buchhandlungen und Postämter des In- und Auslandes zu beziehen ist.
Leipzig, im Juni Z873.
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Verantwortlicher Redakteur: Dr, HanS Blum. Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hiithel K Segler in Leipzig.