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Berliner Briefe.
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zurückgekehrt sind, Viele, welche, so sehr sie ihre Pflicht gethan, doch von Herzen wünschen, daß es ihnen niemals wieder beschieden sein möge, auf Kriegspfaden zu wandeln; es giebt aber auch Viele, denen eine solche Aussicht gar nicht unangenehm erscheint.

Diese kriegerische Ader pulsirt glücklicherweise nicht stark genug, als daß sie die friedlichen Bestrebungen und Arbeiten des Volkes lahmen könnte. Diese sind vielmehr nach der Beendigung des Krieges mit einem beispiellosen Eifer wieder aufgenommen worden. Nie war, um nur von Berlin zu sprechen, die Spree und der Canal so voll von Schiffen, nie waren die Straßen so un­sicher durch das Gewühl der Lastwagen, wie jetzt. Ueberall summt die Thätig­keit. Jeder Geschäftsmann hat seinen Antheil an diesem gewaltigen Auf­schwung. Aber das Volk weiß auch, daß es denselben der Tüchtigkeit der Armee und der Regierung zu verdanken hat, welche diese Tüchtigkeit zu ent­wickeln und zu benutzen wußte. Deßhalb setzt sich die liberale Majorität in Zwiespalt mit der Mehrheit des Volkes, sobald sie anfängt, mit der Regierung über den Militäretat zu streiten und die Regierung leistet Widerstand gegen jeden Versuch der Einmischung, weil sie sürchtet, daß dem ersten Schritt der zweite folgt und weil sie bisher in keiner parlamentarischen Versammlung die Traditionen vertreten sah, die sie selbst und die die Masse des Volks vertritt die Traditionen einer großen militärischen Vergangenheit, welche immer die neue Grundlage für die friedliche Weiterentwicklung gebildet hat.

Das Votum des Reichstages hat einen neuen Ausbruch dieses Zwiespaltes glücklicherweise verhindert und die guten Folgen davon werden nicht ausbleiben. Der Ausbau der Verfassung wird ungestört fortgesetzt werden und mit dem Ausbau dieser Verfassung wird auch mehr und mehr der politische Geist, ^r bis zum Jahre 1866 in den deutschen Parlamenten gar nicht vorhanden N)ar, in dieselben einziehen. In England wurde einst die stehende Armee wit ähnlichen Gründen bekämpft, wie heut der hohe Präsenzstand und die ^nge Dienstzeit. Damals wie heut glaubte man die Freiheit gefährdet, aber auch auf unsre Verhältnisse paßt ein Wort, welches Macaulay auf jene anwen­det (IV, II), daß, was in einem Stadium des Fortschritts der Gesellschaft verderblich sein mag, in einem andern unumgänglich sein kann. In diesem ^hten Stadium befindet sich Deutschland heut in Bezug auf die zu seiner Sicherung nothwendige militärische Kraft. o. "U.