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Das Bestreun des Abgeordneten Hvverbeck, den Gebrauch des Kriegsschatzes bei dringender Kriegsgefahr von der vorgängigen Berathung und Beschlußfassung des Reichstags abhängig zu machen, bedarf keiner Charakte- risirung, obwohl ihm die Ehre einer Widerlegung durch den Reichskanzler zu Theil wurde. 0 —r.
Kleine Besprechungen.
Johann Heinrich Merck, seine Umgebung und Zeit, von Dr. Georg Zimmermann. Frankfurt a. M., I. D. Sauerländer's Verlag. 1871.
Eine vollständige und allen Anforderungen entsprechende Biographie Merck's ist eine dank'enswerthe Arbeit; unstreitig wird durch sie eine fühlbare Lücke in der deutschen Literaturgeschichte ausgefüllt.
Wir verkennen nicht, daß der Verfasser trotz des reichen biographischen Materials manches Versteckte oder Unbekannte herangezogen nnd für die Biographie Mercks verwerthet hat. Andererseits aber haben wir kein Verständniß dafür, daß er auf halbem Wege stehen geblieben und den Weimarischen Briefschatz zu heben nicht einmal versucht hat. Denn sicherlich berechtigt doch nichts zu der Annahme, daß eine Wiederholung des vor mehr als 30 Iahren mißglückten Versuches heute von ganz demselben Erfolge begleitet sein müsse. — Weimar ist zwar neuerdings durch die Haltung der Goethe'schcn Erben etwas in Mißcredit gerathen, aber da wohl die Correspondenz Mercks mit Carl August und Amalia nicht in dem Goethe'schen Archive ruht, so hätte der Herr Verfasser wenigstens ein Fünkchen Muth haben sollen, um dieser unstreitig höchst wichtigen Korrespondenzen habhaft zu werden.
Was die'Arbeit selbst anlangt, so beschränkt sich der Verfasser, wie der Titel des Buches besagt, auf Merck's Person nicht allein, sondern er hat es in völlig berechtigter Weise unternommen ein Bild der Zeit zu geben, in dem er alle möglichen Verhältnisse und Persönlichkeiten beleuchtet, die mit Merck einen Berührungspunkt gehabt haben. Daß die Arbeit schwierig ist, unterliegt keinem Zweifel. Wir halten nicht dafür, daß sie dem Verfasser geglückt ist.' Es fehlt dem Buche die klare Entwickelung des Merckschen Lcbensganges und seines Charakters, dem am Schluß des Buches ein großes Capitel gewidmet ist, aber das doch nicht in Wünschenswerther Weise aus den Verhältnissen heraus das Werden des Mannes schildert. Es macht einen ganz eigenthümlichen Eindruck, wenn man am Schlüsse eines so mächtigen Buches eine Reihe von Merckschen Portraits nach Goethe und Andern geschildert findet, die gar nicht erkennen lassen, welcher Zeit jene Portraits angehören. Ebenso wenig ist dem Verfasser geglückt, ein treues einheitliches Bild der Zeit zu gcben, denn mit einer Masse' von eingeflochtenen Biographien verschiedener Persönlichkeiten, die doch nur bis zu einem gewissen Punkt für das Leben Merck's von Bedeutung sind, ist nichts geleistet. Auch befriedigt die Darstellung nicht, der es an Knappheit und guter Verarbeitung des Materials fehlt; das Buch ist breit, weil viel unnütze'Briefe iu oxtevKO abgedruckt sind, die man wohl in einem Briefwechsel, nicht aber in einer Darstellung wieder lesen kann. Mit einem Worte- Das Buch liest sich nicht. Als Hülfs- und Nachschlagebuch erfüllt es allein seinen Zweck. Dr. 0. L-ät.
Vcr^ntw^ntiicher Redacteur: vr. Hans BlilM. Berliig von F. L. Hervig. — Druck von Hüthel 6 Lcisicr in Leipzig.