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Ein Bild von dieser Thätigkeit wird die Andeutung geben, daß von Berlin täglich colossale Massen von Feldpostcorrespondenz abgingen, z. B. am 14. Januar 1871 eine Post, bestehend aus 267 Briefsäcken mit etwa 160,000 Briefen in fünf großen Güterwagen. Die Feldposttransporte übertrafen die sonst für unerreicht gehaltenen Englisch-Ostindischen Posten oft um das Doppelte. Neben dem Hof-Postamte bestehen ein besonderes, ebenfalls sehr umfangreiches Stadt-Postamt, in welchem sich der gesammte Stadtpostbetrieb concentrirt und ein Päckerei-Amt für die Packetbestellung. Von dem letzteren werden täglich 3—4 mal die Colonnen der Factagewagen ervedirt, mittelst deren man die von auswärts angekommenen Päckereien den Adressaten ins Haus schickt. Die Anzahl dieser Packete beträgt oft 15,000 täglich. Am großartigsten ist hier der Betrieb zur Weihnachtszeit, wo ganze Chimborassos von Kuchen-Packeten, „Weinachtspaudeln", Kisten, Wurst- und Butter-Päckchen, alles Wahrzeichen der deutschen Weihnachtsfreuden, von auswärts einlaufen. Wer hätte in Berlin nicht einmal an den Weihnachtsfeiertagen jene Kolosse von Wagenburgen auffahren sehen, die diese Päckereien aufnehmen und sie selbst nach den äußersten bewohnten Stätten Berlins, den ultima Thules, getreulich hinbefördern. Bis 100,000 steigt in den sünf Weihnachtstagen vom 20—24. December die Zahl der ankommenden Päckereien, so daß die Bewältigung dieser Massen wahrhaft staunenswerth ist.
Eine wichtige Betriebsstelle bildet auch das Post-Zeitungsamt. Wer die Fruchtbarkeit der deutschen Nation auf literarischem Gebiete kennt, wird zu ermessen wissen, welchen Geschäftsumfang eine Stelle erreichen muß, welcher obliegt, die gesammte Zeitungsproduction einer Weltstadt wie Berlin nach auswärts zu vermitteln. Insbesondere concentrirt sich bei dem Post-Zeitungsamte der Verlag der auf schnellen Versandt angewiesenen Zeitschriften, also der täglich erscheinenden Zeitungen jeder Art, sowie der politischen Wochen- und Monatsschriften, die dem Postdebit unterliegen. Die Gesammtzahl der abgesetzten Zeitungseremplare betrug in vergangenen Jahre 353,000. Die Einnahme an Zeitungsprovision beziffert sich auf etwa 170,000 Thlr. jährlich und ist in stetem Steigen begriffen. Am belebtesten ist die Scene in dem Post-Zeitungsamte des Sonnabends, wenn die mächtigen Stöße des Kladderadatsch und der illustrirten Journale auf der Bühne erscheinen, um nach allen Richtungen der Windrose verschickt zu werden. Man stelle sich vor, daß der Kladderadatsch fast aus der ganzen civilisirten Erde gelesen wird und daß jeder Abonnent das Berliner Zeitungspacket mit dem beliebten Witzblntte sehnlich erwartet. Nun gilt es, im Zeitungsamte die Exemplare für jede einzelne Debitsstelle sorgsam abzuzählen, Tausende von Packeten daraus zu for- miren, diese zu bezeichnen, zu schließen, endlich die Erpedition mit den Posten zu bewirken. Schon früh Morgens am Samstage gehen 53,000 Zeitungs-