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den herrschenden Krankheiten. Am merkwürdigsten ist die Mordbrennerzcit von 1540—42. Im mittleren Deutschlands besonders in dem Gebiet der protestantischen Häupter, des Kurfürsten von Sachsen und des Landgrafen von Hessen erschien plötzlich fremdes Gesindel. Kassel, Nordheim, Gvttingen, Goslar, Vraunschweig (damals im Streit unt dem Herzog). Magdeburg wurden angesengt. Nordhausen zum Theil, Eiubeck bis auf den Grund verbrannt, dabei 350 Menschen. Dörfer und Scheunen wurden überall angezündet, freche Brandbriefe und Drohung regten die Bevölkerung auf. endlich auch die Fürsten. Allgemein wurde das Geschrei, die katholische Partei habe mehr als 300 Mordbrenner gedungen. Papst Paul III. sollte den Rath gegeben, Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig sollte das Gesindel nach Sachsen und Hessen gesandt haben. Allerdings war dem gewissenlosen Herzog vieles Arge zuzutrauen, Papst Paul III. aber, hatte grade damals kaum ein näheres Interesse, als die Protestanten schonend zu behandeln. Denn ernsthaft wurde von beiden Seiten an einer großen Aussöhnung gearbeitet, und in Rom die Sendung des Cardinal Contarini zum großen Neligionsgespräch in Rcgens- burg vorbereitet. Es konnte sicher den Römern in diesem Jahr nichts Ungelegneres kommen, als neues Mißtrauen und Zorngeschrei der Protestanten. Doch Angst und Zorn war' anhaltend uud groß. Ueberall spürte man nach den Brennern, überall fand man ihre Spuren, viele Haufen Gesindel wurden gefangen, peinlich verhört und gerichtet. Luther beschuldigte den Herzog Heinrich öffentlich des ruchlosen Frevels, der Kurfürst und der Landgraf vertagten thu wegen Mordbrennens auf dem Reichstag vor dem Kaiser, und umsonst vertheidigte er sich mit seinen Getreuen in seiner heftigen Weise. Zwar dem Kaiser, der damals vor allem innern Frieden und Hilfe gegen die Türken suchte, galt die Schuld für unerwiesen, aber in der öffentlichen Meinung blieb dem Fürsten der Makel. Uns sind außer Luthers bekannter Jnvectivc auch zahlreiche Zeitungen, Pamphlete, Anklage- und Vertheidigungsschriftcn erhalten, und es ist möglich, aus ihnen belehrende Schlüsse auf das Wogen und Wandern der damaligen Fahrenden zu machen.*) Die Aussagen der Verhafteten sind in ihnen
') Einige dieser Flugschriften seien hier verzeichnet:
Der Mordbrenner Zeichen und iLosungc, etwa bei dreihundert und vierzig, auö- Seschickt, 1540. 4». 8 Bl, Enthält Zinken in Holzschnitt und Signalements,
Newe zeittnng von Rom. Woher das Mordbrcnncn komc, 1S41, 4», 8 Bl. — Mit °umn Pasquillus in Versen.
Supplication: an Kaiserliche Maiestat, der Mortbrenucr halben, aufs dem Reichstag, in Negensvurg, kaiserlicher Maiestat vberantwort zc. Wittemberg, 1541. 4°. 54 Bl, — Die Anklageschrift des Kurfürsten und Landgrafen, enthält noch zwei andere Anklageschriften gegen °°n Vraunschweiger.
Hertzvg Heinrichs von Braunschweig Antwort, der Keiserlichen Maiestat, auff »>e vergebene Supplication, der Mordbrenner halben, gegeben. 1541, 4°. 14 Bl.
Warhafstige entschüldigung vnd Verantwortung, der Erbarm vnd Besten Chri-