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Wochenbericht.
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Von Adam Pfaff. i Bände, Brannschwcig, Gcorgc Wcstermann. -I. Bd. Dies po­puläre Geschichtswerk, von welchem einzelne Liefcrnngcn in diesem Blatte bereits früher lobend angezeigt wurden, führt in dem 1. jetzt vollendeten Bande bis zum Jahre 911, dem Aussterben der Carvlingcr. Es enthält in gebildeter und übersichtlicher Darstellung die älteste politische Geschichte der Deutschen, und bestrebt sich mit Glück, ein Bild von den socialen Verhältnissen und den BildungSznständen jener Zeit zn geben. Unter den zahlreichen Werken von ähnlicher Tendenz,'welche in den letzten Jahren begonnen wor­den sind, verdient dieses vorzugsweise Beachtung.

Mttfik. Flotow's neueste OperIndra" ist nun auch in Leipzig über die Scene gegangen, jedoch mit nur sehr geringem Erfolge. Eine Steigerung des Werths der Flvtow'scbe» Mnsik konnte wohl' Niemand erwarte», der das künstlerische Wesen der Martha uud des Stradclla begriffe» hatte, allein auf das vollständige Ver­sinken des Compvnistc» in die niedrigste Trivialität war kaum Jemand gefaxt, noch weniger auf die Wahl eines solchen Textbuchs, das in Langweiligkeiten und Ergüssen eines kindlichen Hnmors kann, zu übertreffen sei» dürste. Wir begegnen hier dem voll­ständigsten Gegensatze zn der von Wagner angestellten Opcrnmnsik, die mit sorgfältiger Reflexion jeden Ton abmißt, die aus Äugst, dem Worte zu schaden, den mnsikalischen Gedanken ans das Knappste zuschneidct, und seine Ausführung in die zweite Reihe stellt. Flotvw macht nnr Musik, und in der Erregung der Sinnlichkeit des Menschen scheint er das höchste Ziel derselbe» zu suchen. Man hat von gewissen Seiten den Grundsatz änfgcstcllt, dic höchste Befähigung des Opcrncomponistcn offenbare sich in Erfindung von Volks- oder überhaupt lcicht rhytiuisirtcn Melodien, und führt zu diesem Behufe besonders dic Zanbcrflöte und den Freischütz an. Dic Erfahrung aber widerlegt diesen Satz vollständig, dcnu die darin so gepriesenen lcicht cingäuglichcn Melodien können wir doch nur als Stationspunkte der Erholung für solche bctrachtcn, die ans Mangel an Verständnist des höher» dramatischen Kunstwerks glücklich sind, einzelne Stellen an­zutreffen, die ihrcm gcringcn kuustrichtcrlichen Verständnisse zugänglich sind. Dieser Standpnnkt der Beurtheilung ist sür Flotow der einzig günstige! er ist bis jetzt auch immer mir so geschätzt worden, dcnn dic ernste Kritik hatte es kaum der Mühe werth geachtet, über ihn erschöpfcndc Recensionen zn geben. Anch jetzt ist es kaum nöthig, über ihn cin Strafgericht zu forderu, denn dic Trägcr scincS Nnhius sind selbst in ihrcm Mcistcr irre geworden, und sie wcrdcn dic ersten sein, dic sein Panier verlassen. Man sagt zur eigenen Entschnldignng: dic neue Oper stche Martha bcdcntend nach; dcr Componist hat sich anSgcschricben, er dringt nur Remi»isec»ze» ans scincn frühcrn Opcrn, oder cr bcstichlt sogar Andcrc. Betrachte» wir die Sache gc»auer, so crhält sie ei» andrcs Ansehe», uud es läßt sich »icht zwciscln, wäre Indra vor Martha erschien», so dürfte ihr dcr Bcifall dcr früher» nicht gcmaiigclt habcn, nnd dicsc würde dann dcr Stci» dcs Anstoßes sein, an dem Flotow's Componistcnrnhm scheitern mußte/obgleich man zu- gestchn darf, daß das Textbuch der Martha im Allgemeinen eine günstigere Stimmung hei dcr Bcurthcilung crwccken wird. Eine» Fehler Flotow's aber hat ma» »ie gemigcnd gerügt! die Abhängigkeit von Auber und dcu tomischen Opcrncomponistcn dcr Franzosen überhaupt, dic sich nicht nnr in der sklavischen Nachbildung aller Mclodie» zcigt, sondcrn auch, und zwar auf eine lästige, und keineswegs zn entschuldigende Weise in der Rhpth- misirnng und Worlbchandlung fast überall, am meisten aber in den schnellen Tempi's hervortritt. Wie stolpern dic schwcrc» dcutsche» Verse in den leichten französische» Tanzschuhe»! Lange Silben, knrze Silben, alle pnrzcl» sie durcheinander; dcr Walze des Leierkastens gelinge» alle diese Kunststücke lcichtcr, als dem dcnkcndcn Sängcr, der mit Mühe in diesen verkehrten PaS umherspringen kann. Und dann wieder der Gegensatz in den langsamcn, sentimentalen Gesängen. Kücken nnd Gnmbcrt sind ihm gegenüber Götter; anch sie bcrcchncn zwar ihre weinerlichen Melodien ans die Em­pfindsamkeit eines Nähmädchens oder LadcndicnerS, aber sie geben doch von Zeit zu