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Tagebuch.
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An eine schnelle Beendigung des Kriegs durch fremde Intervention ist nicht mehr zu denken, seitdem die, freilich unklaren und fast zweideutigen Noten der Gesandten der Großmächte, deren Neutralität mehr als wahrscheinlich gemacht haben. Die Trnppew bcwegnngcn in Oesterreich und Frankreich gelten wohl mehr der Sicherung der Gren­zen, als einem thätigen Einschreiten. Beide Länder dürsten es auch wohl kaum wagen, jetzt zu intcrvenircn. ES würde sich gegen ihre Heere nicht allein das ganze Schwci- zervolk wie ein Mann erheben, sondern auch andere politische Rücksichten möchten es unräthlich scheinen lassen, fremde Angelegenheiten den eigenen voranzustellen. Man denke nur an die Zündstoffe, welche sich in Italien aufgehäuft haben, au die Stimmung des Volkes in Frankreich, welche etwas von einer Gewitterschwüle hat, und man wird unseren Vermnthnngcn Recht widerfahren lassen.

Nnr von einer Seite vermöchte vielleicht noch der Sache eine andere Wendung,, als die allgemein erwartete, gegeben werden können; von derjenigen Rom's. Wenn Pabst PiuS IX. die Jesuiten aus der Schweiz abriefe, dann wäre der größte Zank­apfel der Parteien vernichtet. Vielfach wurde dieser Schritt schon ersehnt; von Gran- bündtcn aus ist sogar eine Deputation nach St. Peters Stnhl gewallfahrtct, nm ihn zu, erflehen. Ob aber des Pabstes Politik sich dazu verstehen wird, ob der Sondcrbund wirklich nur rein katholischer Natur ist, wie er sagt, und dann sich ohne Zwang auslö­sen würde darüber lassen sich immer noch einige bescheidne Zweifel erheben.

Eine andere, wichtige Frage wird wohl jeder noch aufstellen. Was wird geschehen, wenn der Sonderbnnd unterliegt und die Exccntivu vollzogen ist? Bestimmt kann man darauf im Voraus nicht antworten; die neue Gestaltung der Dinge wird dann wesent­lich von der Stimmnug des Volkes abhängen. Jedenfalls wird man versuchen, den sieben Cantonen eine liberale Regierung zu geben, allein es wird ziemlich schwer halten, für alle dazn die geeignetsten Männer zu finden. Luzern hat seinen Pfyffer, Stei­ger, Zug zählt viele Freisinnige, Frcybnrg ebenfalls, für Wallis sind Barmau, Joris zur Disposition, selbst Schwyz hat in seinem Einsiedler-Bezirk tüchtige Männer anfzu- weiseu; aber in Uri und Untcrwalden fehlen dieselben fast gänzlich. Die Jesuiten wer­den vertrieben, die Verfassung wird revidirr, die Verbannten werden in ihre alten Rechte und Besitztümer wieder eingesetzt werde», nud der Sonderbund mnß die Kosten der Exccution bezahlen, wenn die Tagsatznng ihm dieselben nicht großmüthig erläßt oder sich von Jesuiten bezahlt macht. Ist Alles das geschehen, was freilich neue Kämpfe genug hervorrufen wird, dann kann die Schweiz zuversichtlich cincm langen, segensrei­chen Frieden entgegensehen.

Jetzt sieht es in der liberalen Schweiz allenthalben ans, wie in cincm Heerlager. Ans allen Landstraßen ziehen die Eolonnen der Soldaten nnd Freiwilligen, die Artillc- ricvarkS und MuuitionSwagcn; in Städten nnd Dörfern errichtet man Hospitäler, Verpflcguugsanstaltcn, Vereine zur Unterstützung der Familien Gebliebener. Weiber nnd Mädchen zupfen Eharpie nnd fertigen Binden; manches schöne Auge läßt vielleicht ciuc Thräne ans ihrer Hände Werk fallen, aber selbst die liebcndste Braut hat nicht ver­sucht, den Geliebten vom heiligen Zug zurückzuhalten. Knaben von 15 Jahren ent­lausen den Eltern und ^chnlcn, um sich nntcr den Fahnen zu sammeln, Reiche und Arme wetteifern in Anfopfcruugen für das Vatcrlaud. Hierher komme, wer Zeuge sein will von nationer Begeisteruug! Wir müssen siegen, denn wir wollen es nm jeden, Preis! So lautet der Banncrsprnch der Freien. ' m