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Tagebuch.
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haben sott, fand eS für zeitgemäß, um einem längst gefühlten Bedürfniß abzuhelfen, aus jener Stelle, die man denMonarchenhügcl" zu nennen pflegt, einen eisernen Ofen (andere behaupten, es sei ein Obelisk) als Denkmal hinzustellen. Ob er im Winter geheizt wird, wissen wir nicht, aber sicher ist es, daß sein Zweck ist, die Erinnerung warm zu halten, an ein Ereigniß, welches, wie man behauptet, zu jener Zeit einiges Aufsehen gemacht haben soll. Wie es scheint, ist jene Schlacht über die uns alle historische Notizen fehlen, nur von zwei einzelnen Menschen ausgcfochten worden, denn auf dem erwähnten Ofen befindet sich als Embleme zwei in einander verschlungene Hände ans Messingblech. Die Sage von den drei Alliirtcn ist also eine irrige, es müßte denn sein, daß der dritte ein bloßer Zuschauer war, welches die Deukmalgründcr wahrscheinlich durch das dreieckige Auge (ditto aus Messingblech) ausdrücken wollte». Um so rühmenswcrther ist es, daß ein so flüchtiges Ereignis,, wie jene Schlacht, welches wahrscheinlich mir deshalb so wenig bekannt wurde, weil so gar wenig Personen Theil nahmen, mit so großer Solennität i» Gegenwart von gewiß 1000 Seelen gefeiert wnrdc. Schlag 1V Uhr zog die ganze Schuljugend von Meisdors, in dessen Nähe dasDenkmal" gesetzt wnrdc, der Cantvr an der Spitze, in feierlicher Prozession (einige Dorfmädchcn hatten so­gar künstliche Rosenkränzlein in den diesmal gekämmten Haaren), der sich Mitglieder jener Privatgesellschaft und eine nnabschbare Menge von einigen Neugierigen anschlössen, hin nach dem Monarchenhügcl, wo dasMonument" bereits in seiner Nacktheit, d. h. enthüllt, dastand. Ein geistlicher Herr ans Leipzig hielt eine sehr fromme Predigt, worin uns jene zwei Hände und das dreieckige Ange erklärt wurden, ein anderer Geist­liche vom Lande predigte^ i<1em. Die Schnljngend sang, und das Monument horte in tiefer Stille zu. Um halb 12 Uhr kehrte Alles hvcherbant nach Hause zu dem warmen Fleischtopfe.

Unsere Leser halten uns hoffentlich nicht für uuuational, weil wir von einem Denkmal, das vonpatriotischem" Eifer gesetzt wnrde, so frivol sprechen. Im Gegentheil, weil wir ans deutsche Ehre und Würde halten, wünschen wir vor Allem, daß man uus nicht lächerlich mache. Wie? Für eins der größten Ereignisse der Weltgeschichte, der groß­artigste Sieg deutscher Nation, die Völkerschlacht, in der das edelste Blnt aller deut­schen Stämme geflossen ist, soll eine Hand voll Menschen, soll die Schuljugend eines Dorfes, die Predigt eines Geistlichen, ein schwarz angestrichener Eiscnklnmpen die Ver­herrlichung sich anmaßen? Gerade weil dieser Boden heilig, weil dieses Erdreich ge­weiht ist durch die Taufe des edelsten Blutes, kommt es nur dem gesammten deutschen Volke zu, ihn anch sinnbildlich zu weihen und zu heiligen! Die Feier einer großen That muß groß wie sie selber sein! Allerdings sagte man uns: dieses kleine Denkmal sei ja nur provisorisch, es solle mir den Platz bezeichnen, auf dem einst ein größeres Prangen werde. Dann legt einen Stein, einen einfachen Würfel hin, gebt Ench aber nicht das Ansehen, als ob Ihr ein Einwcihnngsscst feiertet, welches nur der ganzen Nation angehört. Wenn Hnnderttansendc auf dieser großen Wahlstättc ein Besrciungs- sest feiern würden, wie es einer gewaltigen Nation zukömmt, so würde ganz Europa dies würdevoll und gerecht finden. Wenn aber die Schuljugend von Licbcrtwolkwitz, in Begleitung mehrerer Leipziger Privatleute die Sicgeshymne ans Napoleon's Fall rc- prascntncn, so stellt sich das poetische, das sittliche Gefühl auf die Seite dcS gefalle­nen Helden und man denkt unwillkürlich an die Parabel von dem todten Löwen.

Wenden wir uns zu einer würdigern Repräsentation deutscher Einheit und Inter­essen, zu dem Kongreß, der in diesem Monate Behufs einer allgemeinen deutschen Wech- selgcsetzgebnng zusammentrat, und der seine Sitznngen tagtäglich von 1«) Uhr Vor-