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Studentenbilder. I.
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ihrem Halse reißen sollte, war nur erst das Halls des Lohnkutschers sichtbar und auch dies nur darum, weil es bereits gestern schon auf dem Platze gewesen; von einem > Wagen hingegen und von Pferden durchaus nichts zn erkennen. Eine Stunde später traf jedoch das erste Gepäck zu dem meinigen ein, um acht Uhr eine zweite Person, die sich einen Stuhl auf die Straße heraus und ein Buch aus der Ta­sche holte, um sich die unberechenbare Zeit bis zum Aufbruche durch Lesen zu vertreiben, und um neun erklärte der Lohnkutscher, daß fortgehen solle, sowie ein gewisser Reisender angelangt sei, der aus Töplitz erwartet werde. Er komme von dorther gleichfalls mit dem Lohnkutscher, weshalb seine Ankunft zwar nicht auf die Minute zu be­stimmen, aber doch mit Wahrscheinlichkeit im Zeitraume des Vormit­tags vorauszusetzen sei.

Dieser glückliche Aufschub gab nach undach allen Dresdner Freunden meiner Familie Gelegenheit, sich nochmals um mich zu ver­sammeln. Ein wohlbeleibtes Mitglied des Finanzministeriums schlug vor, die traurige Stunde der Trennung in einer nahen Handlung mit italienischen Waaren zu erharren. Einige Gläser alten Weines über­wältigteil meineil jungen Kummer. Sogar der Schmerz meiner Mut­ter zerstreute sich etwas, als sie zufällig hörte, daß andere Studenten mit ihrer ganzen Einrichtung für zwei Thaler nach Leipzig befördert würden, während sie für meine Fahrt einen Ducaten zugestanden hatte. So ist ein kleiner Aerger oft ein heilsames Mittel wider ein großes Bangen. Gegen elf Uhr trat zu unserer maßlosen Überraschung ein Bote des Lohnkutschers in das Gewölbe, um zu melden, daß die Pferde vor den Wagen gelegt seien.

Das Gewicht des Augenblicks ließ der tiefbewegten Gesellschaft nicht den unbefangenen Muth, das schreiende Mißverhältniß wahrzu­nehmen, welches zwischen den drei Pserdekräften und dem Umfange des unglaublich hoch bepackten Wagens bestand, den jene drei Pferde­kräfte - das dritte Thier auf der Wildbahn gehend in Bewegung setzen sollten. Nur die Gäule selbst wunderbar fest ist mir ihr Bild im Gedächtnisse sitzen geblieben schieneil ihre Aufgabe keineswegs zu unterschätzen. Das erste Roß, wenn ein mit brauner, mit hier und da etwas beschabter Haut überspanntes Pferdegerippe jenen rit­terlichen Namen zu tragen berechtigt war, senkte den Kopf so tiefsin­nig gegen den Fußboden, als studire eS Geognostik aus der Beschaf­fenheit des Dresdner Straßenpflasterö, oder als wünsche viel lieber ebenso ticf unter den gewürfelten Steineil zu ruhen, als es jetzt dar-